Hilfsmittel für Autisten: Tiimo-App

Hallo ihr Lieben,

im letzten Beitrag hatte ich angekündigt, dass ich eine kleine Reihe zum Thema: Auswirkungen von Autismus auf die Psyche schreiben möchte. Leider benötige ich dafür doch noch ein bisschen Zeit, ich bin mit dem Beitrag noch nicht so wirklich glücklich. Die Ideen sind da, aber ich komme nicht so richtig in den Schreibfluss. Dafür möchte ich euch heute mal wieder eine App vorstellen, die sowohl für Menschen im Autismus-Spektrum, aber auch für ADHSler und vielleicht auch für schusselige Neurotypen gleichermaßen hilfreich sein kann: die TIIMO-App!

Was ist die Hauptaufgabe der App?

Mit der Tiimo-App kann man sich selbst einen Ablaufplan für den aktuellen Tag / aber auch für die kommenden Tage erstellen. Dafür hat man zwei Möglichkeiten: für Aktivitäten die zu einer ganz bestimmten Zeit im Tagesablauf stattfinden müssen, kann man konkrete Uhrzeiten hinterlegen und wird dann auch von der App daran erinnert, dass es Zeit ist, damit zu beginnen. Die Erinnerungsfunktion der App hat den entscheidenden Vorteil, dass man sich nicht mehr 700 Einzelwecker auf dem Smartphone stellen muss. Wenn man flexibler sein möchte, kann man aber auch Aktivitäten ohne konkrete Start- und Endzeit, aber mit der geplanten Dauer einspeichern und diese zu jeder x-beliebigen Tageszeit starten. Die App hat einen integrierten Timer. Er sieht nicht so gut aus, wie der originale Time Timer, zeigt aber dennoch relativ gut an, wie viel Zeit man noch hat. Ich kann es leider gerade nicht wirklich in Worte fassen. Je nachdem welche Einstellungen man vornimmt, bekommt man übrigens auch noch Erinnerungen wenn die Hälfte der Zeit rum ist oder wenn die Aktivität beendet ist, ... Es stehen deutlich mehr Erinnerungsintervalle zur Verfügung, als ich zum Beispiel benötige. Ich bin sicher, dass sie eure Bedürfnisse diesbezüglich garantiert erfüllt. 

Jeder Tagesordnungspunkt kann zusätzlich zur schriftlichen Bezeichnung mit einem Bild versehen werden. Dabei stehen einem die klassischen Smileys zur Verfügung, die man auch für WhatsApp zum chatten benutzt, man kann aber auch selbst Fotos hinzufügen, wenn das zur Verfügung stehende Repertoire für die persönlichen Zwecke nicht ausreicht. Das kann durchaus hilfreich sein, weil man eben auf einen Blick sieht, was dran ist.

Die App wirbt weiterhin mit einer künstlichen Intelligenz, die die einzelnen Tagesordnungspunkte in Einzelaufgaben aufsplitten kann. Ich persönliche nutze diese Funktion so gut wie nie, weil ich a) selten richtig kleinschrittige Anweisungen benötige und b) die KI in der Regel nicht die Informationen gibt, die ich benötige. Ich will es mal so formulieren: jeder hat seine eigenen Abläufe und jeder benötigt andere Informationen, die künstliche Intelligenz kann schlicht nicht wissen, welche Punkte für jeden individuell wichtig sind. Tatsächlich scheinen die App-Entwickler die KI ein bisschen verbessert zu haben, bei der Stichprobe für diesen Blogbeitrag waren die Vorschläge gar nicht mal so schlecht.

Nachteile der App

Die App scheint auf den ersten Blick kostenlos zu sein, tatsächlich arbeitet sie aber mit einfacher und Pro-Version. Die KI beispielsweise steht nur Usern mit einem Pro-Account zur Verfügung. Auch die Erinnerungsfunktion ist nur in der Pro-Version verfügbar. Die Kosten für die Pro-Version sind aber in Ordnung, ungefähr 10 € pro Jahr. 

Ein ganz entscheidender Nachteil dieser App ist aber der folgende: sind wir mal ehrlich: wie oft funktioniert der Alltag derart reibungslos, dass wir alle Tagesordnungspunkte auf die Minute genau erledigen können? Fast nie. Zumindest bei mir nicht. Da fällt ein Termin aus, oder etwas dauert länger als man das eigentlich erwartet hat und zack funktioniert alles nicht mehr so, wie wir das ursprünglich fein säuberlich kalkuliert und geplant haben. Nun kann man aber bei der Tiimo-App leider nicht sagen: okay, ich verschiebe alle Tagesordnungspunkte um eine halbe Stunde nach hinten, nein. Man muss jeden einzelnen Tagesordnungspunkt "anfassen" und die Uhrzeiten ändern. Ein unglaublich mühseliger Akt. Einfach keine Uhrzeiten zu hinterlegen ist aber bedauerlicherweise auch keine wirkliche Lösung. Es ist nämlich so, dass die "jederzeit-Aufgaben" nicht unter den Tagesordnungspunkten einsortiert werden, die eine Uhrzeitbindung haben. Stattdessen sind sie unsortiert gesammelt am oberen Bildschirmrand und die anderen Punkte sind am unteren Bildschirmrand. Mich persönlich macht es sehr häufig wahnsinnig, wenn ich merke, dass ich den Plan, den ich mir ursprünglich mal überlegt hatte, nicht umsetzen kann, mich die App aber immer daran erinnert, was eigentlich dran wäre. 

Um die App sinnvoll nutzen zu können, braucht man allerdings bereits eine relativ gute Idee davon, wie lange bestimmte Aktivitäten dauern werden oder was wann vermutlich sinnvoll ist. Wenn man das nicht beherrscht, und zu diesem Personenkreis habe ich vor wenigen Jahren ebenfalls noch gehört, bringt die App überhaupt nichts, weil man ja nicht weiß, mit welchen Uhrzeiten man die App füttern soll. Dann könnte man höchstens noch eine Bezugsperson bitten, den Tagesplan für einen zu erstellen, aber dann ist man wieder abhängig und das ist eigentlich doof. 

Was solltet ihr sonst noch wissen? / Fazit

Die App wurde in Skandinavien programmiert. Das Benutzermenü mit den wichtigsten Einstellungspunkten ist zwar auf deutsch, wenn man aber nicht genau weiß, wie bestimmte Dinge funktionieren, kommt man mit deutsch nicht mehr weiter. Das (sehr dürftige) Benutzerhandbuch ist ausschließlich auf englisch verfügbar. Besonders kundenzugewandt ist das Entwickler-Team aber meines Erachtens auch so nicht, wenn man mal in die Bewertungen beim Google Play Store schaut. Die Bewertungen (meistens schlecht, was ich zum Teil nachvollziehen kann) werden auf deutsch verfasst, die Reaktionen von Tiimo: englisch. Wenn ich wirkliches Interesse daran hätte, den Kunden dabei zu unterstützen sein Problem mit meiner App zu lösen, würde ich mich doch eigentlich mal befleißigen einen Mitarbeiter einzustellen, der die deutsche Sprache beherrscht und auf deutschsprachige Anfragen auch in deren Muttersprache antworten kann, oder?! 

Was ihr auch wissen solltet: die App hat immer mal wieder kleine Fehler. So funktionieren die Benachrichtigungen teilweise urplötzlich einfach nicht mehr, obwohl alles korrekt eingestellt ist. Ohne die Benachrichtigungen ist die App meines Erachtens aber völlig nutzlos, weil den meisten autistischen Menschen ja das Gespür dafür fehlt, wie viel Zeit vergangen ist. Bei meinem aktuellen Testdurchlauf hilft es, die Benachrichtigungsfreigabe abzuschalten und wieder einzuschalten. Ein bisschen nervig ist es aber schon, wenn man diese Bugs immer wieder beheben muss. Die App gibt es schon ewig, inzwischen hätte man schon daran arbeiten können...

Insgesamt lässt sich sagen: wenn man nicht auf absolut punktgenaue Zeitpläne angewiesen ist, kann die App eine wirkliche Hilfe sein, weil sie den gesamten Tag dadurch wesentlich vorhersehbarer werden lässt. Es beruhigt, wenn man genau weiß, welcher Punkt als nächstes dran ist. Allerdings muss man schon relativ fit im Umgang mit dem planen sein, sonst bringt die App gar nichts. Ich persönliche nutze sie gern, aber eine endgültige Empfehlung kann ich leider nicht geben. 

Habt einen schönen Tag.
Anne

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