Autismus und Trauer

Hallo ihr Lieben!


Wer kennt es nicht: bei manchen Menschen läuft es einfach im Leben - sie sind topfit, sind gut in der Schule / erfolgreich im Job, haben viele gute Freunde, tolle Hobbys, etc. während manche einfach sogenannte Pechvögel sind. Wenn wir mal ehrlich sind, ist das eine höchst subjektive Sichtweise. Fragt doch mal die sogenannten Glückspilze, wie zufrieden sie mit ihrem Leben sind und sie werden euch garantiert zahlreiche Dinge aufzählen, die sie an dem Leben sogenannter Pechvögel beneiden. Aber unabhängig davon, gibt es etwas im Leben, mit dem auch die größten Glückspilze irgendwann konfrontiert werden: der Tod. Wir Menschen sind leider nicht unsterblich, Christen sagen auch: der Mensch ist nicht für die Ewigkeit gemacht, das Ergebnis bleibt dasselbe. Jeder Mensch stirbt irgendwann, was dazu führt, dass es den meisten Menschen nicht erspart bleibt, dass sie irgendwann erleben, dass eine Person in ihrem persönlichen Umfeld verstirbt. Das ist in der Regel eine extrem herausfordernde Zeit, welche mit viel Kummer und Schmerz verbunden ist. Aber wie verhält es sich bei Autisten? Darum soll es in dem heutigen Beitrag gehen. 

Können Autisten Trauer empfinden?

Klare Antwort: ja, ich bin davon überzeugt, dass genau wie neurotypische Menschen auch, jede(r) Autist(in) auf eine individuelle Art und Weise Trauer empfinden kann. Das entscheidende Stichwort ist hier meines Erachtens: individuell. Schon neurotypische Menschen reagieren völlig unterschiedlich, wenn ein Mensch aus ihrem Umfeld stirbt. Das ist tatsächlich mal eine Gemeinsamkeit zwischen Autist und Neurotyp: die unterschiedlichsten Reaktionen auf einen solchen Schicksalsschlag. Was man allerdings im Hinterkopf haben sollte: autistische Menschen haben häufig eine andere Art und Weise, wie sie Gefühle und Informationen wahrnehmen und verarbeiten. Es kann daher sein, dass man ihnen auf den ersten Blick vielleicht überhaupt nicht anmerkt, dass sie der Todesfall in irgendeiner Form berühren würde oder sie die Information überhaupt registriert haben. Entgegen des äußeren Eindrucks kann es dagegen ein riesiges Emotionschaos herrschen. Genauso gut kann es aber auch sein, dass sie tatsächlich keine Traurigkeit wahrnehmen und auch nicht weinen, sondern vielleicht mit starker Unruhe oder Ausrastern reagieren. Wenn die autistische Person noch keine Berührungspunkte mit dem Thema Tod hatte und vielleicht zusätzlich eine geistige Behinderung vorliegt, kann es außerdem sein, dass die Konsequenz der Tatsache "X ist gestorben!" nicht vollumfänglich verstanden wird. Es kommt sozusagen nicht an. Sie können die Information nicht für sich verwerten und etwaige Schlüsse daraus ziehen (z. B. "Die sonntäglichen Fußballnachmittage mit Opa Horst wird es nie wieder geben." / "Tante Inge wird nie wieder auf den Familienfeiern jammern, dass der Kaffee zu stark ist."). Das wiederum kann für starke Verwirrung bei dem betroffenen Menschen sorgen, weil er dadurch nicht auf veränderte Situationen eingestellt sind. Zusammenfassend lässt sich also sagen: es ist davon auszugehen, dass auch Autisten in gewisser Weise unter dem Verlust eines Menschen leiden. Wie intensiv diese Gefühle sind, bzw. wie die Reaktion darauf ist, ist allerdings von Autist zu Autist unterschiedlich und hängt auch von der Intensität der Autismus-Spektrum-Störung ab.

Sollten sie an der Beerdigung / Beisetzung teilnehmen?

Das ist tatsächlich eine Frage, die man gründlich durchdenken sollte. Am wichtigsten ist hier hauptsächlich, was der autistische Mensch selbst für ein Bedürfnis hat. Es kann hilfreich bei der Trauerverarbeitung sein, aber auch vollkommen überfordern. Wenn sich derjenige unsicher ist, sollte man verschiedene Punkte bedenken. Was spricht dafür?
  • Beerdigung mit offenem Sarg zur Verabschiedung vor der Bestattung: kann bei der Informationsverarbeitung helfen. Es kann ganz klar wahrgenommen werden: "Okay, das da im Sarg ist Opa Horst. Er ist kalt, er atmet nicht, er ist in jedem Fall tot." Wenn dann der Sarg endgültig eingelassen und mit Erde bedeckt wird, ist dann sehr wahrscheinlich in jedem Fall klar, dass derjenige nicht wieder zurückkommen wird, weil er ja jetzt begraben ist. Bei einer rein mündlichen Information kann es, wie oben beschrieben, tatsächlich sein, dass nicht verstanden wird, was das eigentlich in letzter Konsequenz wirklich bedeutet, dass jemand verstorben ist. Dabei ist es völlig egal ob Kind oder Erwachsener. 
Als ein Bekannter vom Minigolf gestorben ist, habe ich mir eine Zeit lang eingeredet, dass er nicht tot ist, sondern nur abgetaucht ist. Der Grabstein hat mich nicht überzeugt, hätte ja auch alles mit der Ehefrau abgesprochen sein können. Insgeheim wusste ich, dass es absoluter Humbug ist, er hatte keinen Grund abzutauchen, aber die Information war für mich einfach nicht greifbar. Bei der Beisetzung seiner Urne war ich nicht dabei. Wenn man es leibhaftig sieht (also bei einer Bestattung, bei der man den Toten vorher noch mal sehen kann), ist es besser nachvollziehbarer.
  • Möglichkeit, noch einmal Abschied zu nehmen
  • Fragen (z. B. zur Bestattung an sich, also "Wo war Opa Horst jetzt die ganze Zeit?", aber auch zu geistlichen Themen, wie: "Merkt er, dass wir da sind?") an den Pastor / Pfarrer oder den Mitarbeiter des Bestattungsinstituts können gestellt werden, die vielleicht von Familie / Freunden / Betreuern nicht adäquat beantwortet werden können.
Vor allem vor dem Hintergrund, dass Menschen mit einer Autismus-Spektrums-Störung häufig Schwierigkeiten mit der Verarbeitung von Emotionen haben, gibt es allerdings auch sehr viele Punkte, die dagegen sprechen:
  • starke Emotionen von anderen Freunden / Angehörigen können heftig irritieren, weil die Betroffenen meist nicht wissen, wie sie mit den Menschen in dem Moment umgehen sollen und vielleicht, weil sie selber nicht weinen (wie oben beschrieben) und daher evtl. gar nicht verstehen können, weswegen bei den ganzen Leuten die Augen tränen, obwohl doch gar keine Pollen fliegen?! (Stichwort: mangelhafte Fähigkeiten in der Perspektivübernahme)
  • Gäste der Trauerfeier / Beerdigung kleiden sich häufig anders als sonst (schwarz, förmlich), was ebenfalls für Verunsicherung bei einer autistischen Person führen kann. Zumal sie teilweise den Sinn dahinter nicht verstehen, weil sie die Bedeutung der Farbe "schwarz - Trauer" nicht kennen.
  • Stimming kann ggf. die anderen Besucher stören, Unterdrückung sollte aber in jedem Fall vermieden werden, weil es für eine erfolgreiche Stressreduzierung immens wichtig ist (und eine Beerdigung / Beisetzung stellt für jeden Menschen Stress dar).
  • Eine Beerdigung / Beisetzung ist eine Situation, die im Prinzip komplett unvorhersehbar ist, selbst wenn man weiß, wer zur Trauerfeier kommt und wie der Ablauf ungefähr sein wird, weiß man letztendlich trotzdem nie, wie es genau ablaufen wird, was bedeutet, dass man die autistische Person schlecht darauf vorbereiten kann. Besonders wenn derjenige noch nie bei einer solchen Zeremonie war, wird es sehr schwierig für ihn / sie sein, einzuschätzen, ob das wirklich etwas ist, was machbar ist. 
Man sollte also wirklich gut abwägen, was hier überwiegt. Wenn die autistische Person unbedingt mitmöchte, sollte man das in jedem Fall unterstützen. Wichtig ist aber, ihr vorher so viel wie möglich zu erklären und sie auf den Ablauf und die Eindrücke vorbereiten. Außerdem halte ich eine feste, begleitende Bezugsperson, die nonstop bei der autistischen Person ist und auf ihre Bedürfnisse sofort reagieren kann, unerlässlich. Am Besten eignet sich jemand, der nicht so stark von dem Todesfall betroffen ist, aber sehr gut mit dem autistischen Menschen klarkommt. Wenn man selber gerade mit Gefühlen kämpft, kann man sich nicht adäquat um die Betreuung einer anderen Person kümmern. Nach der Beerdigung sollten unbedingt die Eindrücke und ggf. auftretende Fragen nachbesprochen werden, damit der Betroffene mit der Verarbeitung der Situation nicht überfordert wird.

Wenn es nur um die Verabschiedung geht, so gibt es allerdings auch noch andere Möglichkeiten, als direkt an der Bestattung teilzunehmen. Man kann zum Beispiel einen kleinen Brief schreiben und ihn mit (mehreren) Heliumluftballons in den Himmel schicken, quasi eine Art Abschiedsbrief. Oder man macht eine Art Abschiedsfeier, wo zum Beispiel das Lieblingsessen der verstorbenen Person gekocht, der Lieblingsfilm geguckt und vielleicht über alte Zeiten geplaudert wird, um noch einmal eine Verbindung herzustellen. Natürlich geht auch ganz klassisch: man zündet eine Kerze an und spricht gedanklich mit dem / der Verstorbenen. Es gibt wirklich zahlreiche Möglichkeiten, um sich zu verabschieden. 

Wie kann man autistische Menschen in ihrer Trauer am besten begleiten?`

Der wichtigste Punkt ist, gut zu beobachten. Es ist nämlich durchaus erwartbar, dass ein autistischer Mensch nicht von sich aus Unterstützungs-/Redebedarf anmeldet oder klassische Belastungszeichen anzeigt. Stattdessen kann es sein, dass eher folgende Symptome auftreten:
  • verstärkte Unruhe
  • vermehrtes Stimming, welches das übliche Maß deutlich übersteigt
  • häufigere Ausraster, obwohl es eigentlich keinen erkennbaren Auslöser gibt
  • stärkerer sozialer Rückzug
  • körperliche Beschwerden (Bauchschmerzen, Rückenschmerzen, Übelkeit, Kopfschmerzen, ...)
  • selbstschädigendes Verhalten 
  • Ein-/Durchschlafschwierigkeiten
  • verstärkter / verminderter Appetit
  • stärkere Schwierigkeiten in der Kommunikation, weniger Motivation zu sprechen
  • ...
All das sind klassische Stresssymptome, die einen Hinweis darauf geben können, dass der Mensch gerade belastet ist und ggf. Unterstützung benötigt. Es kann folgendes helfen:

Autistischen Menschen zum Malen einladen

Zeichnen und malen können dabei helfen, verwirrende Gefühle rauszulassen, ohne aktiv darüber sprechen oder nachdenken zu müssen. Erstens beruhigt die monotone Beschäftigung mit Stift und Papier und zweitens hilft es dem Gehirn, die neuesten Eindrücke und Emotionen zu sortieren. Das Gute dabei ist, dass man überhaupt keine Vorgaben machen muss. Es ist irrelevant, ob gegenständlich oder nur abstrakt oder gar das ganze Blatt nur mit einer einzigen Farbe gefüllt wird. Es ist völlig egal, welche Farben verwendet werden, oder wie viele Bilder hintereinander gemalt werden. Der autistische Mensch muss auch nicht wissen, was er mit dem Bild verbindet, welche Gefühle er damit verbindet. Man kann nach dem Zeichnen darüber reden, es ist aber nicht notwendig, weil es das Gehirn völlig alleine macht. Wie das funktioniert weiß ich offen gestanden auch nicht, aber das Malen macht etwas mit einem. Entweder es wühlt auf oder es beruhigt. Es löst in jedem Fall Emotionen, die dringend verarbeitet werden müssen. 

Strukturgebende Maßnahmen erhöhen

Besonders wenn von der begleitenden Person starke Unruhe bei der autistischen Person wahrgenommen wird, oder ein wichtiges Ritual mit der verstorbenen Person bestanden hat, kann man versuchen wieder für mehr Sicherheit bei dem Betroffenen zu sorgen, indem man die strukturierenden Maßnahmen erhöht. Kommt der autistische Mensch zum Beispiel in der Regel mit groben Zeitplänen, die z. B. Frühstück, Schule / Arbeit, Mittag, Schule / Arbeit, Heimweg, Hausaufgaben / Haushaltstätigkeiten / Abendbrot vorgeben, kann man in Rücksprache mit dem Autisten zeitweise wieder auf detailliertere Pläne zurückgreifen. Zum Beispiel Donnerstag stehen folgende Unterrichtsfächer an, beim Haushalt wird am Mittwoch gesaugt, am Freitag müssen die Waschbecken gereinigt werden. Das löst voraussichtlich nicht das Problem, dass das innere Koordinatensystem völlig verschoben ist, aber es verhindert zumindest zusätzlichen Stress dadurch, dass nicht klar ist, wann was auf die Person zukommt. Quasi: wenn schon das Innere völlig durcheinander ist, sorgen wir wenigstens äußerlich für Sicherheit und Planbarkeit. Besonders wichtig ist, dass früher regelmäßig stattgefundene Rituale mit dem Verstorbenen so schnell wie möglich ersetzt wird. Eine Lücke im Tages-/Wochen-/Monatsablauf kann alles noch unerträglicher machen. Entweder man schafft ein völlig neues Ritual, dass mit der Person überhaupt nichts zutun hat, man macht dasselbe Ritual, mit einer neuen Person oder man richtet zum Beispiel eine Gedenkzeit ein in der eigentlich verplanten Zeit.

Zur Beschäftigung mit Spezialinteresse ermuntern

Als mein Opa gestorben ist, hat sich mein Lieblingsbetreuer mit mir hingesetzt und sich Videos von Rummels angeschaut. Videos von On-Rides (Menschen filmen aus der Ich-Perspektive im Karussell sitzend die Fahrt) oder Off-Rides (Fahrt des Karussells von außen), Werbevideos von Freizeitparks und hat sich mit mir darüber unterhalten, was er schon so gefahren ist, welche Fahrgeschäfte für ihn niemals in Frage kommen würden, etc. Ich habe total davon profitiert, weil ich mich einfach mal für eine halbe Stunde nicht damit beschäftigen musste, was gerade für ein Gefühlschaos in mir getobt ist. Die Beschäftigung mit dem Spezialinteresse beruhigt und entspannt. Anfangs kann es sein, dass der autistische Mensch überhaupt keine Idee hat, wie er das machen soll, weil er einfach gerade völlig durch den Wind ist. Hier kann es helfen, ihn in ein Gespräch über das Thema zu verwickeln oder konkrete Rechercheaufgaben zu geben. "Kannst du mir nicht noch mal den Kartentrick erklären?" / "Ich würde gern mal einen Filmabend mit euch machen, such doch mal bitte heraus, wie viele Filme es von Harry Potter gibt, wie lang sie sind, welche Schauspieler mitspielen und was grob die Handlung ist, damit wir uns besser entscheiden können, welcher es sein soll." Manchmal kann es auch helfen, sich dazu zu setzen und die Beschäftigung zu begleiten. Eben zum Beispiel gemeinsam Bücher lesen oder Filme zum Spezialinteresse schauen, oder vielleicht selber einfach irgendetwas über das Spezialinteresse anlesen und den Autisten dabei zugucken lassen, mitunter packt ihn dann doch die Motivation und das Eigeninteresse sich selber damit zu beschäftigen, oder er fängt an die Sachen auf der Internetseite / des Lexikons zu kommentieren. Ein kleiner Stups in die richtige Richtung kann teilweise wirklich viel helfen.  

Abschiednehm-Rituale anbieten

Es kann hilfreich sein, den Betroffenen zu fragen, ob er das Bedürfnis hat, den / die Verstorbene(n) zu verabschieden oder irgendwie in Verbindung mit ihm / ihr zu bleiben. Dabei sollte man natürlich darauf achten, dass es ein Ritual ist, was immer wieder durchgeführt werden kann und auch ohne Aufsicht ungefährlich ist. Zum Beispiel über die Person sprechen, eine LED-Kerze anzünden und einfach drauf los reden, einen Brief schreiben und mit Luftballon in den Himmel schicken, das Lieblingsessen des Verstorbenen essen, ... 

Gesprächsbereitschaft signalisieren und auf aktuelle Bedürfnisse eingehen

Es kann unterstützen, wenn man dem Betroffenen sagt, dass es einem bekannt ist, dass der Todesfall eingetreten ist und fragen, ob das Bedürfnis dazu besteht, darüber zu sprechen. Außerdem kann es hilfreich sein, aufzuzeigen, welche Emotionen da vielleicht gerade in einem toben und wie sie sich zum Beispiel körperlich äußert. Selbst wenn nicht aktiv darauf eingegangen wird, kann es dem Betroffenen doch helfen, sich klar darüber zu werden, was gerade in ihm / ihr abgeht. Das Gesprächsangebot sollte man mehrfach machen und auch akzeptieren, wenn es abgelehnt wird. Es kann auch sein, dass völlig aus dem Nichts plötzlich eine Frage gestellt wird, z. B. "Ist Opa Horst einsam?" oder aber auch "Was passiert bei einer Feuerbestattung eigentlich genau?" Dann ist es wichtig, auf diese Frage einzugehen, egal, wie überraschend sie kommt und vielleicht Informationsmaterial zur Verfügung zu stellen. Autistische Menschen verarbeiten meistens im Verborgenen und meist sogar so sehr im Verborgenen, dass sie selber nicht bemerken, welche Prozesse gerade ablaufen. Es ist aber davon auszugehen, dass die Fragenbeantwortung sie in diesem Prozess weiterbringt.   

Was sollte unbedingt vermieden werden?

Auf jeden Fall sollte man auf Sätze wie "Opa Horst ist friedlich eingeschlafen." / "Er ist von uns gegangen." / "Er ist jetzt an einem besseren Ort." unbedingt verzichtet werden. Diese Sätze sind zwar lieb gemeint, weil sie vermitteln sollen, dass der Tod keine Qual für den Betroffenen war; er nun im Himmel ist. Hier sollte man aber unbedingt daran denken, dass autistische Menschen in der Regel ein wortwörtliches Verständnis von Sprache haben, wodurch solche Sätze überhaupt nicht verstanden werden. Im ungünstigsten Fall kommt die Information "Der Mensch ist gestorben." überhaupt nicht an. Er ist von uns gegangen - wo ist er denn hingegangen? Zum See? Oder ist er umgezogen? Er ist eingeschlafen - ja, aber wie lange zum Teufel schläft der denn? Warum taucht er nicht zum Kaffee trinken auf? Außerdem kann im letzten Beispiel Angst vor dem Einschlafen ausgelöst werden, weil die autistischen Menschen dann vielleicht denken, dass sie danach ebenfalls nie wieder aufwachen. Wesentlich besser ist es, ganz klar die Wahrheit auszusprechen. Das ist für den Informationssender vielleicht schmerzhaft, aber der autistische Mensch wird davon profitieren. 

Es ist wichtig, keine Vorwürfe bzgl. der vermeintlichen Intensität auszusprechen. Man sollte niemals vergessen, dass autistische Menschen wirklich Schwierigkeiten haben, Emotionen adäquat wahrzunehmen und damit umzugehen. Außerdem sieht man ihnen die Emotionen teilweise überhaupt nicht an, weil sie sie nicht nach außen transportieren. Mein Betreuer im Wohnheim meinte einmal, dass mein Gesichtsausdruck entweder in der letzten Emotion hängen bleibt, oder ich überhaupt keine zeige, sondern einfach ausdruckslos gucke. Häufig hat er dann erst am aktiven Verhalten erkannt, wie ich gerade wirklich drauf bin. Zum Beispiel ob ich mich sofort in mein Zimmer zurückziehe, oder mit ihm spreche, bzw. ob die Tür ins Schloss kracht. Der Betroffene sollte niemals den Eindruck bekommen, dass seine Art zu trauern falsch ist, oder er zu wenig trauert. 


Ich wünsche euch, dass ihr möglichst wenig Berührungspunkte mit dem Tod haben müsst und wenn doch gut begleitet und unterstützt werdet. Habt einen guten Tag.

Anne

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