Wohnformen für Autisten - Autismus-WG

Hallo ihr Lieben!

Vor sehr langer Zeit habe ich eine Reihe angefangen: Wohnformen für (erwachsene) Autisten. Heute soll es um eine ganz spezielle Form der Wohngemeinschaft gehen, nämlich einer speziell für autistische Menschen. Diese möchte ich euch heute einmal ein bisschen näher vorstellen. 

Was ist das besondere an sogenannten Autismus-Wohngemeinschaften?

Dass dort ausschließlich autistische Menschen leben liegt ja aufgrund der Bezeichnung bereits auf der Hand. Aber es gibt noch eine weitere Besonderheit: es handelt sich um betreute Wohngemeinschaften. Die Mitbewohner sind bei der Bewältigung ihres Alltags nicht auf sich allein gestellt, sondern werden dabei von geschultem Fachpersonal unterstützt, welches speziell auf die Bedürfnisse und Besonderheiten von autistischen Menschen geschult ist. Es gibt Wohngemeinschaften in denen dauerhaft Ansprechpartner vor Ort sind, aber auch Wohngemeinschaften, in denen die Betreuer z. B. nur einmal täglich vorbeischauen und prüfen, ob irgendwo Hilfestellung benötigt wird und ansonsten telefonisch in Notfällen erreichbar sind. Das kommt ganz auf den Unterstützungsbedarf der einzelnen Mitbewohner an. Es gibt aber in jedem Fall Wohngemeinschaften für Autisten die viel Unterstützung benötigen, aber auch für welche, die nur ab und zu ein bisschen Hilfe brauchen. Die Bewohner erhalten in der Wohngemeinschaft nicht nur Hilfe, sondern sie werden gezielt in ihrer Selbstständigkeit gefördert. Außerdem strukturieren die Fachkräfte den Alltag der autistischen Bewohner und helfen ihnen dabei, geeignete Freizeitaktivitäten für sich zu finden.

Vorteile einer solchen Autismus-Wohngemeinschaft?

Es ist meines Erachtens ein relativ sanfter Übergang vom Elternhaus hin zum selbstständigen Wohnen. In einer solchen WG wird man nicht sofort "ins kalte Wasser geworfen" (Redewendung), sondern wird von Fachkräften behutsam an das selbstständige Wohnen herangeführt. Die Eltern müssen sich keine Sorgen machen, dass ihr autistisches Kind plötzlich komplett auf sich allein gestellt ist und mit dieser Aufgabe völlig überfordert ist, sondern es ist ja immer ein Ansprechpartner da, der wenigstens einmal am Tag nach dem Rechten schaut. Vorteil wenn nur autistische Menschen zusammen wohnen: es ist davon auszugehen, dass relativ wenig Konfliktpotential besteht, weil Betroffene untereinander vermutlich eher Verständnis für die Eigenarten des Gegenübers haben, weil sie es ggf. von sich selbst kennen. Wenn man dort zu Stimmingzwecken mit dem Oberkörper vor- und zurück schaukelt wird man vermutlich nicht schief angeguckt, weil es Normalität ist, in einer WG mit Neurotypen kann man das dagegen nicht ausschließen. Außerdem tut es unfassbar gut, wenn man sich nicht verstellen muss. Autisten verlangen untereinander in der Regel keine besondere Anpassung, jeder darf so sein, wie er ist, solange es nicht komplett gegen soziale Normen verstößt. 

Zusätzlich ist es praktisch, dass in einer solchen Wohngemeinschaft sehr wahrscheinlich alles auf die Bedürfnisse autistischer Menschen abgestimmt ist. Es wird mit strukturierenden Hilfen, wie z. B. TEACCH gearbeitet, die Mitarbeiter sind auf verschiedene Kommunikationsformen eingestellt und wissen, was Autisten benötigen, um neue Dinge zu erlernen. Es ist davon auszugehen, dass viele autistische junge Erwachsene in einer solchen Wohngemeinschaft wesentlich schneller selbstständig werden, als wenn sie zu Hause weiter wohnen würden. Ein letzter Vorteil: man ist nie allein. Wenn man gern mit anderen Menschen zusammenlebt, ist eine solche WG perfekt.

Nachteil von Autismus-Wohngemeinschaften

Hier gilt dasselbe wie bei anderen Wohngemeinschaften: man muss es mögen, mit anderen - anfangs fremden, Menschen zusammen auf relativ engem Raum zu leben. Es wird immer eine höhere Geräuschkulisse herrschen, als wenn man allein in einer Wohnung lebt und man muss sich ständig mit anderen Menschen auseinandersetzen, was nicht immer angenehm ist, auch wenn es nun Gleichgesinnte sind. Dessen muss man sich einfach bewusst sein, wenn man über eine solche Wohnform nachdenkt. Einen anderen Nachteil sehe ich tatsächlich gerade nicht. 

Wo gibt es bereits Autismus-Wohngemeinschaften?

Es gibt mehrere Anbieter, die Wohngemeinschaften bzw. Wohnheime anbieten, die speziell auf Menschen mit der Autismus-Spektrums-Störung eingestellt sind. Ein paar davon sind:
  • Oberlin Lebenswelten (Potsdam-Babelsberg)
  • seemann Autismus Autark gGmbH (Karlsruhe, Pforzheim, Landau)
  • autista Freiburg GmbH (Freiburg-Hochdorf)
  • Autismus leben Gemeinnützige GmbH (Aachen)
  • Weidenhof (Hitzacker)
  • Lebenshilfewerk Hohenstein-Ernstthal (auf zusätzliche geistige Behinderung ausgerichtet)
  • ...
Was kommt an Kosten auf die Bewohner einer solchen WG zu?

Ich muss leider sagen, dass ich nicht besonders viele Informationen dazu gefunden habe. In einigen der speziellen Wohngemeinschaften müssen beim örtlichen Sozialamt Leistungen der Eingliederungshilfe beantragt werden. Wenn ihr aber Interesse habt, wird euch in jedem Fall die entsprechende Einrichtung, die diese Wohngruppe leitet weiterhelfen und im Bedarfsfall auch bei der Finanzierungsorganisation unterstützen. 

Wäre eine solche betreute Wohnform mit Gleichgesinnten etwas für euch? Habt einen schönen Tag.
Anne

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