"Authouse" (Ideen für autismusfreundliche Hotels / Jugendherbergen / etc.)

Hallo ihr Lieben!

Der heutige Beitrag ist mal wieder eine Art Brainstorming. Vor einer Weile hatte ich schon mal einen Beitrag geschrieben, was in einer Bar / Gaststätte vorhanden sein müsste / getan werden müsste, damit sie barrierefrei und autismusfreundlich ist. Passend zur Ferienzeit habe ich überlegt, dass mir auch zahlreiche Ideen für Hotels / Jugendherbergen, etc. einfallen würden. Vielleicht ist ja der eine oder andere Besitzer einer solchen Unterkunft dabei, der das eine oder andere aufgreifen möchte. :-) 

1. Autismusfreundliche Website

In jedem Fall sollte eine Emailadresse zur Verfügung stehen, über die man sowohl Fragen zum Hotel stellen, aber auch Reservierungsanfragen stellen kann. Ich finde nichts unangenehmer, als wenn ich zum telefonieren gezwungen werde, weil keine Mailadresse oder nur so ein blödes Kontaktformular auf der Website vorhanden ist. Außerdem sollten möglichst detaillierte Bilder der Zimmer, des Speisesaals, der Rezeption, der Freizeiträume automatisch auf der Website vorhanden sein, damit der autistische Mensch sich bereits auf den Aufenthalt einstellen kann und nicht vor Ort von der unbekannten Umgebung überrascht wird. 

2. Räumlichkeiten / Bereitschaft zur Anpassung

Nicht nur autistische Menschen würden davon profitieren, wenn sie die Möglichkeit hätten, ihre Mahlzeiten außerhalb des Speisesaals verbringen zu können. Grund dafür ist, dass viele andere Gäste natürlich eine intensive Geräuschkulisse bilden, die für autistische Menschen ziemlich schnell anstrengend sein kann. Manche Autisten halten Essensgeräusche von anderen sogar überhaupt nicht aus. Die simpelste Möglichkeit wäre natürlich, wenn das Essen im eigenen Zimmer eingenommen werden könnte. Was auch noch eine Möglichkeit wäre: Trennwände um einige Tische im Speisesaal stellen und Kopfhörer zur Verfügung stellen. So hat man ebenfalls die Möglichkeit abgegrenzt zu essen und die anderen Gäste besser auszublenden. 

Außerdem sollte es den Gästen erlaubt sein, eigene Bettwäsche mitzubringen, da einige autistische Menschen sehr sensibel auf Texturen (also den Oberflächen der unterschiedlichen Materialien) und Gerüche reagieren oder einfach ein Stück ihres gewohnten Umfelds benötigen. Klimaanlagen / Heizungen sollten vom Zimmer aus unkompliziert steuerbar sein, damit jeder seine eigene Wohlfühltemperatur einstellen kann. Wir hatten es im Urlaub in Tschechien - da war die Heizung extrem warm eingestellt und wir konnten sie nicht vollständig steuern... Wir haben die ganze Nacht geschwitzt... Ein nettes zusätzliches Gadget wären zwei Klettstreifen nebeneinander an der Wand. Das stellt unter anderem eine Grundlage für Ablaufpläne nach der TEACCH-Methode dar. Dabei gibt es verschiedene Bildkarten, die einen bestimmten Programmpunkt im Tagesablauf symbolisieren sollen. Wenn ein Punkt abgearbeitet ist, wird er auf die andere Kletthälfte gepackt (für erledigt). Eine andere Möglichkeit ist auch einen Klettstreifen und ein Körbchen, in dem die abgeschlossenen Programmpunkte eingelegt werden können. Außerdem könnte man Bildkarten mit jugendherbergs-/hoteltypischen Aktivitäten (z. B. Pool, Speisesaal, ...) zur Verfügung stellen, die einfach im Zimmer bereitliegen und benutzt werden können. Besonders praktisch wäre dann natürlich, wenn Wegweiser im Hotel / der Jugendherberge dieselben Piktogramme / Symbole drauf hätten, wie die Bildkarten und diese auch noch mal an den Räumen selbst auftauchen würden. 

3. Geschulte Mitarbeiter

Alle Mitarbeiter sollten zumindest Grundwissen über die klassischsten Störungsbilder wie z. B. Tourette, Autismus, Down-Syndrom, etc. haben. Es geht um Gottes Willen nicht darum, dass sie Experten für die Krankheits-/Störungsbilder sind. Meines Erachtens reicht es völlig aus, wenn sie sich im Klaren darüber sind, dass es diese Störungsbilder gibt und wie sie sich ungefähr äußern, sodass sie nicht überrascht sind, wenn sich ein Gast mal nicht so verhält, wie man es üblicherweise erwarten würde, sie es für sich einordnen und entsprechend darauf reagieren können. Es sollte selbstverständlich sein, dass sie auf alle Kommunikationsarten (Talker, Kommunikationskarten, schriftlich, mündlich) gleichermaßen reagieren und nicht irritiert darüber sind. An der Rezeption sollten Stift und Papier griffbereit liegen. Es ist unglaublich angenehm, wenn man als Mensch mit einer Behinderung / Besonderheit nicht immer merkwürdig angeschaut wird, wenn man zum Beispiel Stimming betreibt, oder andere Kommunikationsformen verwendet als üblich. Wenn bekannt sein sollte, dass der Gast autistisch ist, sollten die Mitarbeiter auf klare Kommunikation achten und auf Sprichwörter, Sprachbilder verzichten. 

4. Essen

Es gibt einige Menschen im Autismus-Spektrum die sehr selektiv essen. Das bedeutet, sie essen nur ganz ausgewählte, wenige Lebensmittel und diese mitunter auch nur, wenn sie die richtige Konsistenz haben, auf dem richtigen Geschirr serviert werden, ... Nein, bei weitem nicht alle Autist: innen sind so extrem wählerisch. Dennoch wäre es extrem hilfreich, wenn sie die Möglichkeit hätten, sich ihre Safe Foods von Zuhause mitzubringen und, falls keine Miniküche für Gäste vorhanden ist, sie vom Küchenpersonal mit entsprechenden Maßgaben zubereiten lassen könnten und nicht auf den Speiseplan angewiesen wären. Hier gilt: genau zuhören und nicht "gut meinen". Wenn der autistische Mensch zum Beispiel trockene Nudeln möchte, dann meint er genau das und dann kann der wohlgemeinte Käse oben drüber das komplette Gericht für sie ungenießbar machen. Oder der Klacks Ketchup auf dem Teller zu den Pommes. Es ist sicherlich eine nette Geste, kann aber das gewohnte Bild stören und dann alles kaputt machen. Auch hilfreich kann es sein, wenn man autistischen Gästen bereits vorab auf Nachfrage den Speiseplan mit den konkreten Inhaltsstoffen zur Verfügung stellen könnte. So haben sie die Möglichkeit darauf zu reagieren und zum Beispiel darum bitten, die Zwiebel wegzulassen oder vielleicht an dem Tag auf eine Gaststätte auszuweichen. Es gibt nichts schlimmeres, als wenn man von Inhaltsstoffen überrascht zu werden, die man als autistischer Mensch vielleicht als indiskutabel ausgeschlossen hat, weil entweder der Geschmack oder die Konsistenz für sie einfach nicht erträglich sind. 

5. Autistengerechte Beschäftigungsmöglichkeiten anbieten

Einige Menschen mit Autismus können mit den klassischen Beschäftigungsmöglichkeiten (Tischtennis, Billard, Schwimmbad, Filmabende, etc.) in den meisten Jugendherbergen / Hotels nichts anfangen, weil sie alle etwas mit sozialer Interaktion zu tun haben. Wenn es aber zum Beispiel auch eine kleine Bibliothek (da reicht ja ein Raum mit Büchern aus verschiedenen Literaturbereichen) gäbe, würde das so manchen Autisten dann doch abends aus dem Zimmer locken. Oder ein Raum, in dem man Malutensilien zur Verfügung gestellt bekommt und für sich in Ruhe ein bisschen zeichnen / malen kann. Oder wenn Puzzle in den Zimmern / Gemeinschaftsräumen zur Verfügung stehen würden, also wenn man ihnen Beschäftigungsmöglichkeiten anbieten könnte, die sie alleine verrichten können, die ruhig sind und keinen Lärm verursachen. Vielleicht ist auch die Einrichtung eines Snoozle-Raums möglich: einfach ein Extraraum mit ruhiger Musik und vielleicht beruhigendem Licht (die bei Bedarf abgeschaltet werden können), weichen Decken, Kissen, ... Es braucht gar nicht viel, hilft aber extrem beim Entspannen. 

Was fällt euch sonst noch ein, was euch entgegenkommen würde, wenn ihr es schafft, euch auf einen Urlaub außerhalb von "Balkonien" (Sprichwort für zu Hause Urlaub machen) einzulassen? Schreibt es gern in die Kommentare. 

Habt einen schönen Tag.
Anne

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