Momente: Wenn der Chef zu unklar fragt

Hallo!

Heute möchte ich euch mal wieder eine relativ witzige Anekdote aus meinem Leben erzählen. Sie stammt aus meiner Ausbildungszeit. In unserer Ausbildungsgruppe war es so geregelt, dass, wenn wir mit einer Aufgabe fertig waren und andere Azubis von uns noch nicht, ein bisschen bei Facebook und Co Zeit verbringen konnten, oder eben für die Berufsschule Hausaufgaben machen durften. Offiziell war das natürlich verboten, aber gruppenintern hatten es unsere Ausbilder eben erlaubt, weil wir wirklich gut mitgekommen sind mit dem Stoff und unsere Aufgaben eben zuverlässig erledigt haben. Während der Ausbildung hatte ich es noch nicht so mit dem Sprechen und habe überwiegend WhatsApp Web offen gehabt, um unkompliziert mit den anderen kommunizieren zu können, ohne wirklich sprechen zu müssen. Eines schönen Tages kam der Abteilungsleiter für die Kaufmännischen/Verwaltenden Berufe in die Ausbildungsgruppe weil er mit unserer Ausbilderin irgendetwas besprechen wollte. Ich hatte wie üblich WhatsApp Web offen. Außerdem habe ich nebenbei einen Vortrag für die Berufsschule ausgearbeitet. Nebenbei lief glaube ich auch noch youtube. 

Er hat von der Tür aus natürlich sofort gesehen, dass ich etwas fachfremdes mache auf dem Rechner. Er kam also zu mir, zeigte auf den Bildschirm und fragte: "Was ist denn das?!" Ich war in dem Moment ziemlich verunsichert, weil ich nicht absolut sicher war: ist das eine rhetorische Frage, oder möchte er wirklich wissen, was das für eine Internetseite ist? Wer diesen Blog schon länger verfolgt weiß, dass autistische Menschen dazu neigen, Sprache wortwörtlich aufzufassen, es war also eine typische durch Autismus ausgelöste Schwierigkeit... Seine Stimme klang tatsächlich irgendwie nicht nach reinem Interesse, aber wie gesagt, ich war mir nicht sicher, was er hören wollte, habe also glücklicherweise gefragt: "Was meinen Sie?" Ich bin sehr froh, dass er meine Nachfrage nicht als Provokation aufgefasst hat, sondern offensichtlich gemerkt habe, dass ich die Frage todernst meine. Er hat seine Frage also konkretisiert: "Dürfen Sie denn das?!" In dem Moment hat meine Ausbilderin vermutlich ziemlich geschwitzt. Denn bestimmte Autisten hätten garantiert mit ja geantwortet, entsprach ja der Wahrheit, es war ja inoffiziell erlaubt. Zum Glück war mir klar, dass ich mit der offiziellen Variante arbeiten muss: "Nein, darf ich nicht!" "Dann machen Sie das mal ganz schnell zu!!" Damit war die Angelegenheit für unseren Abteilungsleiter glücklicherweise gegessen, weil er von mir bisher keine negativen Dinge gehört hat. Meine Ausbilderin hat auch nicht gemeckert, bat mich nur, mich nicht noch mal von ihm erwischen zu lassen.

Im Nachhinein betrachtet, hätte die ganze Situation aber auch anders ablaufen können, nämlich wenn mir nicht aufgefallen wäre, dass er nicht wirklich wissen will, worum es sich dabei handelt. Ich glaube nämlich er wusste nicht, dass ich Autismus habe, und dann hätte er eine wortwörtliche Auslegung seiner Frage durchaus als Unverschämtheit auffassen können. Vermutlich hätte meine Ausbilderin mich verteidigt, und ihn darüber aufgeklärt, dass ich aufgrund des Autismus seine Frage falsch verstanden habe, aber trotzdem, puh... Tut mir einen Gefallen: wenn ihr wisst, dass euer Gegenüber autistisch ist, geht immer davon aus, dass es eure Sprache wortwörtlich auffassen könnte und vermeidet rhetorische Fragen, das erspart wirklich oft peinliche, bzw. unangenehme Situationen. Denn nicht jeder Autist ist gut darin, zu erkennen, wenn es angebrachter ist, manche Fragen noch mal zu hinterfragen... 😝.

Habt einen schönen Tag!
Anne

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