Autismus und Geschenke

Hallo ihr Lieben,

der Nikolaus ist zwar schon vorbei, aber es gibt im Dezember ja noch ein zweites Fest, bei dem Geschenke eine gewisse Rolle spielen... Ich spreche von Weihnachten. 🌲 Bei vielen Leuten geht jetzt der Stress los: "Was wünschst du dir zu Weihnachten?" / "Soll ich dich überraschen?" / "In welchem Wert soll es sich bewegen?" All das sind Fragen, die viele Menschen vor größeren Festivitäten beschäftigen, bei dem es unter anderem darum geht, sich gegenseitig eine kleine oder große Freude zu machen. Für Menschen im Autismus-Spektrum ist das Thema Geschenke gar nicht so einfach, darum hier eine kleine Tipp-Sammlung für alle, die beschenkt werden oder schenken wollen.

Es kann wirklich hilfreich sein, konkret zu sagen, was man sich wünscht

Ein Teil des Autismus ist es, dass die betroffenen Menschen Schwierigkeiten damit haben, sich in ihr Gegenüber hineinzuversetzen. Für autistische Menschen kann es, bedingt durch diese Einschränkung noch drei mal komplizierter sein, für ihre Lieben ein geeignetes Geschenk zu finden, über das sie sich dann auch wirklich freuen. Wenn sie dann fragen und die zu Beschenkenden sagen: "Ach, überrasch mich einfach", stellt das manche Autist: innen vor extreme Herausforderungen... Ich weiß, dass auch Neurotypen teilweise Probleme haben, die passenden Geschenke zu finden, von daher könnt ihr euch vermutlich vorstellen, was in autistischen Menschen vorgeht, die vielleicht wirklich gar keine Idee haben, womit sie euch eine Freude machen könnten. Zusätzlich besteht natürlich das Risiko, dass sie euch etwas schenken, was ihr überhaupt nicht mögt... In der Not entscheiden sie sich vielleicht für etwas, dass ihnen gefällt, weil sie irgendwie davon ausgehen, dass das dann ja auch für euch nicht schlecht ist, wenn sie es mögen. Ihr könnt diese Situation für beide Parteien angenehmer gestalten und peinliche Situationen vermeiden, wenn ihr einfach sagt, was ihr euch wünscht. Ich verstehe, dass ihr die Überraschung eigentlich nicht missen wollt, aber letztendlich gibt es ja sicher noch genug neurotypische Menschen in eurem Umkreis, von denen ihr euch überraschen lassen könnt. Hat doch auch Vorteile, wenn man sich konkret etwas wünscht:

- man umgeht das Risiko, dass man es nicht mag
- man hat den Gegenstand nicht doppelt / dreifach
- die Vorfreude ist noch größer

Überraschungen minimieren 

Manche Menschen im Autismus-Spektrum kommen sehr schlecht mit Überraschungen klar. Es gibt Betroffene, die gar nicht bereit sind, das Geschenk überhaupt zu öffnen, wenn sie nicht wissen, was sich darin befindet. Wieder andere erleben nach größeren Feiern, bei denen es viele Geschenke gibt, Reizüberflutungen, weil zu viel neues auf sie eingeströmt ist, mit dem sie nicht gerechnet haben (wie das bei Geschenken ja meist so üblich ist). Wenn ihr auch solche Autist: innen in eurem Familien-/Freundeskreis habt, wäre mein Vorschlag, die Geschenke entweder gar nicht einzupacken, gemeinsam mit dem Betroffenen einzupacken oder vielleicht ein Foto des Inhalts mit drauf zu kleben. So geht die Freude am Auspacken nicht verloren, der-, bzw. diejenige wird aber nicht mit der Überraschung überfordert. Es kann auch sinnvoll sein, vorher genau zu besprechen, was geschenkt wird. Je vorhersehbarer das Geschenk ist, desto entspannter wird es. Natürlich gibt es auch Autist: innen, die Überraschungen lieben. Fragt darum einfach mal nach, wie es für denjenigen am angenehmsten ist. Ich persönlich bin so ein Zwischentyp. Ich werde gern überrascht, aber nur in einem überschaubaren Rahmen... Weihnachtsgeschenke oder Geburtstagsgeschenke sind okay, wenn sie nicht vorhersehbar sind. Wenn man mich einlädt und ich weiß nicht wo es hingeht und was dort passiert, funktioniert es schon wieder nicht mehr. 

Geschenke in Etappen übergeben

Gerade bei Familienfeiern, ist es häufig so, dass es eine große Geschenkübergabe gibt. Wenn alle dabei sind und die Reaktionen auf die Präsente live und in Farbe mitbekommen können. Für autistische Menschen, kann das extrem anstrengend sein. Papiergeraschel in allen Ecken, viel neues von dem einiges vermutlich eine Überraschung ist, Dauerbeschuss an Emotionen - auch extreme Freude kann ermüden. Es kann helfen, wenn die Geschenkübergabe geteilt wird. Also z. B. die ersten beiden Geschenke nach dem aufstehen, dann Pause. Vor dem Mittag die nächsten beiden Geschenke, Pause, usw. Falls das immer noch zu engmaschig ist, sollte man evtl bedenken, es auf mehrere Tage zu strecken. Natürlich ist das für Oma Inge blöd wenn sie das Enkelkind nicht beim Auspacken beobachten kann, aber einen Meltdown aufgrund von Überforderung will sie dann vermutlich auch nicht erleben. Vielleicht wäre es ja eine Idee ein Reaktions-Video beim Auspacken zu machen und das Oma Inge dann zukommen zu lassen...

Reize minimieren

Das ist ja ohnehin ein Grundsatz, der beim Umgang mit autistischen Menschen immer gilt. Im konkreten Fall wären meine Vorschläge dazu: Geschenkpapier direkt entsorgen, wenn es vom Geschenk weg ist. So kann gar nicht erst großes Chaos entstehen, dass dann zu viel wird. Außerdem sollte darauf geachtet werden, dass zum Beispiel wenig Geräusche beim Auspacken entstehen. Man könnte die Geschenke beispielsweise je nach Größe in Handtücher, Kissenbezüge, T-Shirts einwickeln, wenn man auf das Auspacken an sich nicht verzichten möchte. Das ist geräuschlos, wiederverwendbar und man sieht trotzdem nicht sofort was drin ist. Außerdem würde ich empfehlen, dass während der Geschenkübergabe vielleicht auf Musik im Hintergrund verzichtet wird.

Das wären die Punkte, die mir als allererstes in den Kopf schießen, wenn es um Autismus und Geschenke geht. Was müsst ihr beachten, wenn es an Geschenkübergaben geht? Schreibt es gern in die Kommentare. 

Habt einen schönen Tag!
Anne
 

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