PICA-Essstörung

Hallo!

Letzten Mittwoch habe ich euch Tipps gegeben, was man tun kann, wenn Kinder oder auch erwachsene Menschen auf Gegenständen herumkauen, die nicht zum Verzehr geeignet sind. In der Regel wollen sie diese Gegenstände gar nicht essen, sondern tun es hauptsächlich, um sensorische Erfahrungen zu machen, weil es Stress abbaut, ... Es gibt aber auch Menschen, die unter der sogenannten PICA-Essstörung leiden. 

Was ist die PICA-Essstörung?

Sie zählt zum Bereich der qualitativen Essstörungen. Das bedeutet, dass es nicht um eine ungünstige Menge handelt, sondern eher darum WAS gegessen wird. Betroffene mit diesem Störungsbild essen zum Beispiel sehr häufig Dinge, die absolut nicht zum Verzehr geeignet sind. Und damit meine ich nicht, dass sie darauf herumkauen, oder daran herumlutschen - sie essen diese Gegenstände. Klassische Beispiele sind zum Beispiel Haare, Papier, Sand, Erde, Seife, Fäkalien, Farbe, Steine. Aber es gibt auch Betroffene, die zum Beispiel Nadeln essen. Meist handelt es sich bei PICA um eine Begleiterscheinung einer anderen Erkrankung, wie z. B. Schizophrenie oder Demenz, aber auch bei autistischen oder geistig behinderten Menschen kann das Krankheitsbild auftreten. Übrigens kann das Phänomen auch bei "gesunden" Frauen in der Schwangerschaft auftreten. Diagnostiziert wird die PICA-Essstörung wenn:
  • der Betroffene älter als zwei Jahre alt ist (vorher zählt dieses Verhalten zum normalen Entwicklungsstand, weil ein Kleinkind einfach noch keinen Überblick darüber hat, welche Lebensmittel genießbar sind)
  • das Verhalten nicht kulturabhängig ist (in Georgia Piedmont, einem Gebiet in der USA, wird zum Beispiel regelmäßig Tonerde verzehrt, da diese als heilsam gilt)
  • die Person seit mind. 1 Monat Dinge isst, die für den Verzehr nicht geeignet sind
  • die Person muss ständig beaufsichtigt werden, da sonst Gefahr für sie besteht

Warum heißt sie eigentlich PICA?

Der Begriff leitet sich aus dem lateinischen Wort (pica) für Elster ab. Diese Vögel sind dafür bekannt, dass sie relativ wahllos alles mögliche in ihrem Nest horten, völlig irrelevant, ob es sich dabei um Futter oder ungenießbare Gegenstände handelt, die einfach nur z. B. hübsch glitzern. Bei der Essstörung PICA wird eben auch nicht darauf geachtet, ob das was man da essen will, überhaupt essbar ist. 

Was sind Ursachen für PICA?

Eine Theorie für das PICA-Syndrom ist der Mangel von verschiedenen Nährstoffen. Idee dahinter ist die Beobachtung, dass diese Essstörung auch bei einigen eigentlich gesunden Frauen in der Schwangerschaft auftritt. Die betroffenen Frauen hatten häufig einen nachgewiesenen Eisenmangel. Belegt ist das allerdings nicht. Der Hauptgrund für diese Störung sollen wohl traumatische Erlebnisse wie z. B. Missbrauch, Gewalterfahrungen oder Vernachlässigungen in der Kindheit sein. Bei den restlichen Betroffenen liegt häufig eine geistige Behinderung oder eine psychische Erkrankung zu Grunde, oder es handelt sich um entwicklungsverzögerte Kinder, die einfach noch nicht gelernt haben, dass sie gewisse Dinge besser nicht in den Mund stecken sollten. PICA wird nicht vererbt. 

Wie wird PICA behandelt?

Vor allem wenn es sich bei den Betroffenen um (kleinere) Kinder handelt, ist eines der Hauptziele, die Eltern zu beraten. Zum Beispiel erhalten sie Schulungen, wie z. B. schnell Vergiftungen erkannt werden können und was dagegen zu tun ist. Sie erhalten zusätzlich Tipps, worauf sie bei der Betreuung des Kindes besonders achten sollten, bzw. welche Gegenstände zwar in der Regel ungefährlich sind, aber eben bei von PICA betroffenen Kindern definitiv außer Reichweite sein sollte. Denn bei Kindern ist es logischerweise noch nicht so gut möglich, auf Vernunft und Verhaltensänderung zu setzen. 

Bei erwachsenen Betroffenen ohne zusätzliche geistige Einschränkungen ist eine Verhaltenstherapie in der Regel das Mittel der Wahl. Ihnen wird Stück für Stück wieder beigebracht, welche Lebensmittel essbar sind und von welchen man besser die Finger lassen sollte. Das ist natürlich jetzt sehr vereinfacht ausgedrückt. Da bei vielen Betroffenen traumatische Erfahrungen zu Grunde liegen, wird aber auch zusätzlich Ursachenforschung mit dem Patienten betrieben und daran gearbeitet, das erlebte aufzuarbeiten. Wenn die Erlebnisse verarbeitet sind, ist die Chance recht hoch, dass die Essstörung wieder verschwindet. Liegen psychische Störungen wie Demenz oder Schizophrenie vor, wird zunächst mit Medikamenten daran gearbeitet, ggf. die Symptome zu mildern, wodurch häufig auch das PICA-Syndrom verschwindet. 

Ansonsten besteht die einzige Methode darin, regelmäßig zu überprüfen, ob die Patienten mit allen notwendigen Nährstoffen versorgt sind (die Gegenstände die verzehrt werden, haben ja in der Regel keinen Nährwert für den Körper), und es werden Begleiterscheinungen wie z. B. Verstopfungen behandelt. Auf gut Deutsch gesagt, bleibt dem behandelnden Mediziner eigentlich nur, immer wieder die Karre aus dem Dreck zu holen, indem die Symptome, die durch das konsumieren der Gegenstände entstehen, behandelt werden. In der Regel ist PICA nicht gefährlich, das kommt aber natürlich darauf an, was der Patient konsumiert. Mitunter müssen schnelle medizinische Maßnahmen ergriffen werden, wie z. B. Operationen oder Medikamente gegen Vergiftungserscheinungen. 

Habt einen schönen Tag!
Anne

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