Foot-in-the-door / Door-in-the-Face-Technik - von unverschämten Anfragen

 Hallo ihr Lieben,

stellt euch doch mal vor, ihr sitzt gerade auf Arbeit, euer Schreibtisch ist voll mit Arbeit und auf einmal kommt euer Kollege rein und fragt, ob ihr mal eben für ihn die Präsentation für die Schulung morgen machen würdet. Er würde so gerne Feierabend machen. Wie reagiert ihr? Ich vermute mal relativ stark, dass ihr euch nicht darauf einlassen würdet, es ist ja auch ziemlich unverschämt. Euer Kollege rudert daraufhin zurück, erklärt, dass er euch gut verstehen kann und bittet euch darum, seinen Postausgang (4 Briefe) mit in das Postbuch eintragen kann, damit er mit der Präsentation eher anfangen kann. Das klingt doch schon eher machbar, ihr werdet höchstwahrscheinlich zustimmen. Immerhin habt ihr ihm ja schon den ersten Wunsch verwehrt und wollt ja nicht unhöflich sein. 

Netter Trick von eurem Kollege - man kann davon ausgehen, dass er bei euch die "Door-in-the-face"-Technik (Tür im Gesicht - wenn einem die Tür ins Gesicht geschlagen wird, wird man eher nicht positiv auf das Gegenüber reagieren. So ähnlich ist es auch mit einer übertriebenen Anfrage, die wird man vermutlich nicht erfüllen.) angewendet hat. Er wollte nämlich nur, dass ihr den Postausgang macht, die Präsentation hat er vielleicht schon fertig, aber weil er euren Berg an Arbeit gesehen hat, hat er damit gerechnet, dass ihr es möglicherweise ablehnen würdet. Wenn einem jemand eine verdammt unverschämte Anfrage stellt, man das ablehnt, reagiert man in der Regel positiver zugewandt, wenn dann um einen kleineren Gefallen gebeten wird, denn das ist ja im Vergleich zu der ersten Anfrage wirklich nicht so schlimm. 

Erforscht hat das der Psychologe Robert Cialdini in folgendem Experiment: er fragte eine Kontrollgruppe, wer bereit wäre mit Jugendlichen einmalig einen Zoo besuchen würde, wo sie ihnen auch alles bezahlen müssten. Viele haben die Anfrage abgelehnt. Eine andere Gruppe fragte er, wer bereit wäre, zwei Stunden pro Woche unbezahlt für zwei Jahre in einem Jugendzentrum zu arbeiten. Wie erwartet, hat die überwiegende Mehrzahl abgelehnt. Wenn man sie aber danach gefragt hat, ob sie Jugendliche einmalig in den Zoo begleiten würden, wurde signifikant häufiger zugestimmt, als in der Kontrollgruppe. Grund dafür war einfach, dass die Menschen sich gedacht haben: naja, jetzt habe ich schon das wichtige Projekt abgelehnt, aber das kleinere kann ich schon unterstützen, sonst hält man mich ggf. für unsozial. 

Die andere Variante ist die "Foot-in-the-Door"-Technik (Fuß-in-der-Tür). Dabei wird dem Gegenüber eine kleine Bitte gestellt (z. B. kannst du mir 5 Euro klein machen), das wird in der Regel erfüllt, weil es ja in der Regel keine besonders große Mühe erfordert. Danach kommt eine größere Anfrage (z. B. kannst du mir beim Umzug helfen?). Da die Menschen konsistent erscheinen wollen, also zeigen wollen, dass sie immer ähnlich reagieren, ist die Chance groß, dass sie der Bitte nachkommen. Wenn die Person einem einen kleinen Gefallen getan hat, hat man quasi schon mal den Fuß in der Tür und kann mit dem wirklichen Anliegen herausrücken. Auch diese Variante wurde durch ein Experiment erforscht: Jonathan Freedman und Scott Fraser baten Hausfrauen eine Petition gegen Raser zu unterschreiben. Ein kleiner Gefallen, der nur wenig Überwindung kostete und die Frauen gern erfüllten. Dann haben sie die Frauen gebeten, eine große Werbetafel gegen Raser in ihren Vorgarten zu stellen. Nachdem sie um einen kleinen Gefallen gebeten wurden (die Unterschrift für die Petition) waren die Frauen in dieser Versuchsgruppe deutlich häufiger dazu bereit, als die Gruppe in der nur die Bitte mit der Werbetafel gerichtet wurde. 

Ist doch spannend, wie leicht man sich beeinflussen lässt durch solche kleinen Tricks. Aber das Gute ist: nicht jeder kennt die Techniken, jetzt wo ihr wisst, was es damit auf sich hat, könnt ihr es ja selbst mal bei euren Mitmenschen ausprobieren, wenn ihr eine Angelegenheit unbedingt erreichen wollt. :-) Und ihr werdet eventuell eher merken, wenn man diese Technik bei euch probiert. 

Viel Spaß beim Testen! Habt einen schönen Tag. 
Anne

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