Familienentlastender Dienst (FeD) - Teil 2

Hallo ihr Lieben!
 
Im letzten Beitrag habe ich beschrieben, welche Herausforderungen eine Familie teilweise bewältigen muss, wenn sie ein Kind mit Behinderung haben, welche einen extrem hohen Betreuungsbedarf auslöst und was für Auswirkungen das auf das komplette Alltags- und Familienleben haben kann. Das Gute ist: es gibt Möglichkeiten, wie die betroffenen Familien entlastet werden können: einer ist der sogenannte Familienentlastende Dienst.

Was ist der Familienentlastende Dienst?

Im Prinzip ist hier der Name Programm. Der FeD sorgt dafür, dass betreuende Angehörige (eben meist die Eltern) und Geschwister von behinderten Kindern / Jugendlichen oder Erwachsenen zum durchschnaufen und entspannen kommen. Meistens übernehmen speziell geschulte junge Männer / Frauen zeitweise die Betreuung für die betroffene Person, sodass die Familie die Möglichkeit hat, Dinge zu tun, die nicht möglich sind, wenn sie für die Betreuung verantwortlich sind: 

- sie können mal ein Ausflug mit dem Geschwisterkind machen

- sie können mal gemütlich ein Buch lesen oder ein heißes Bad nehmen

- sie können Freunde oder Familienangehörige zum Kaffee trinken einladen, ohne dass einer immer auf dem Sprung sein muss

- das Geschwisterkind hat mal die ungeteilte Aufmerksamkeit der Eltern

- man kann stressfrei einkaufen gehen, weil das Kind sicher betreut ist 

- ...

Wie oft und wie lange der FeD unterstützt, hängt ganz vom individuellen Bedarf ab. Von mehreren Tagen am Stück über ein paar Stunden pro Woche ist ziemlich vieles möglich. Schon wenn die Betreuung nur zwei Mal pro Woche für eine Stunde ist, kann das schon extrem für Entlastung bei den Angehörigen sorgen, weil sie einfach mal ihre eigenen Bedürfnisse erfüllen können, ohne Angst haben zu müssen, dass direkt eine Katastrophe passiert, weil sie mal kurz nicht aufpassen.  


Wie kann der FeD unterstützen?

Hier gibt es ganz verschiedene Möglichkeiten: die häufigste ist, dass die Mitarbeiter entweder zu dem Betroffenen nach Hause kommen und ihn dort betreuen, oder mit der Person einen Ausflug unternehmen. Mitunter übernehmen sie auch die Betreuung am Abend oder auch mal am Wochenende, damit Freizeitaktivitäten für die Familienangehörigen möglich werden, die sonst gar nicht gehen würden. Noch eine Möglichkeit ist, dass sie mit zu Familienausflügen kommen und dort die betroffene Person beaufsichtigen und betreuen, damit die Eltern sich mal voll auf das Geschwisterkind konzentrieren können, aber die Person mit Behinderung trotzdem nicht ausgeschlossen werden muss, sondern auch einen schönen Ausflug erleben kann. Sie können aber auch zum Beispiel pflegerische Aufgaben übernehmen (z. B. Unterstützung beim Waschen / Toilettengang) oder die Betroffenen zu Arzt-/Behördenterminen begleiten. 

Es gibt aber auch die Möglichkeit, dass die Mitarbeiter mit den Betroffenen trainieren, selbstständiger zu werden. Dann trainieren sie mit den Personen mit Behinderung, wie sie sich zum Beispiel selbstständig Essen zubereiten, anziehen können oder bringen ihnen sonstige Aktivitäten bei, die eben im Alltag so anfallen... Familienangehörige haben zusätzlich zum Alltag und der intensiven Betreuung in der Regel keine Kapazität, um auch noch die Selbstständigkeit mit den Betroffenen zu üben. Die Mitarbeiter des FeD sind dagegen völlig tiefenentspannt - sie erleben ja in der Regel nicht den Alltagsstress, sondern kommen nur stundenweise in die Familie und gehen dann wieder. Außerdem haben sie ja keine persönliche Beziehung zu den Betroffenen - betrachten es also nicht als persönliches Versagen, wenn es nicht so funktioniert, wie sie sich das vorgestellt haben. 


Was kostet der Familienentlastende Dienst und wer bietet ihn an?

In der Regel wird der FeD über § 45 b SGB XII im Rahmen der Eingliederungshilfe finanziert. Demnach steht pflegebedürftigen Menschen, die im Haushalt betreut und gepflegt werden, ein sogenannter monatlicher Entlastungsbeitrag von 125 € zu. Damit sollen Dienste finanziert werden, die für die Entlastung der pflegenden Angehörigen notwendig sind, aber auch um den Betroffenen in seiner Selbstständigkeit und Selbstbestimmtheit in der Gestaltung seines Alltags zu fördern. Je nach Lebenssituation bezahlt aber auch die Krankenkasse, Pflegekasse, das Sozialamt oder das Jugendamt den familienentlastenden Dienst. Zum Teil muss die Familie einen Teil der Kosten selbst begleichen, aber das ist nicht immer der Fall. Übrigens bieten viele Organisationen den Familienentlastenden Dienst auch für Menschen an, die keinen Pflegegrad haben, aber dennoch einen hohen Unterstützungsbedarf im Alltag haben. Man kann sich dazu ganz unverbindlich beraten lassen. Angeboten wird der FeD von klassischen Stellen wie der Lebenshilfe, Diakonie, Caritas, Wohlfahrtsverbände, Behindertenverbände, etc.


Fazit

Liebe Eltern oder andere Angehörige von Kindern / Jugendlichen oder Erwachsenen die aufgrund ihrer Behinderung einen hohen Pflege- und Betreuungsbedarf haben: traut euch! Lasst euch beraten bei den Organisationen in eurer Nähe. Ihr habt einen Anspruch darauf, dass ihr regelmäßig im Alltag entlastet werdet. Seid euch das selbst wert. Niemand ist geholfen, wenn ihr zwanzig Jahre ohne jegliche Unterstützung von außen alles selbstständig gemanaged habt, und dann geht ihr irgendwann kaputt, weil ihr euch nicht mehr um eure eigenen Bedürfnisse kümmern konntet. Ihr dürft individuell bestimmen, wie intensiv der Unterstützungsumfang sein soll. Niemand wird euch eine Hilfe aufzwingen, die ihr nicht braucht und ihr könnt euch für ein paar Stunden einfach mal nur auf euch konzentrieren und einfach mal abschalten. Ich bin mir sicher, dass ihr danach wieder viel entspannter in die Betreuung eurer Kinder reingeht, als wenn ihr permanent unter Dauerbeschuss steht. 

Habt einen schönen Tag!
Anne

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