Der rosarote 🐘 - warum Kinder manchmal einfach nicht hören...

Hallo ihr Lieben,

denk jetzt bitte NICHT an einen rosaroten Elefanten, alles klar? Das ist ganz wichtig! NICHT an einen rosaroten Elefanten denken! Jetzt hast du es ja doch gemacht. 😔 Das stimmt mich traurig. Kennt ihr dasselbe Phänomen von euren Kindern? "Nicht durch die Pfützen springen - ihr kriegt sonst nasse Schuhe!" Was passiert? Die Kinder springen natürlich mitten durch die Pfütze. Es ist, als hätten sie euch überhaupt nicht zugehört! Oder wollen sie einfach mal den kleinen Rebellen in sich rauslassen? Tatsächlich ignorieren sie eure Aufforderungen genauso wenig mit Absicht, wie du gerade trotz meines Verbotes absichtlich an einen rosaroten Elefanten gedacht hast. Es liegt an einem simplen Phänomen: Das menschliche Gehirn hat extreme Probleme damit, Wörter wie "nicht" / "kein" zu verarbeiten, genauer genommen werden diese Wörter sogar regelrecht rausgefiltert - sie werden überhaupt nicht wahrgenommen. Wenn ihr also sagt: "Spring nicht durch die Pfütze!" kommt beim Gehirn an: "Spring durch die Pfütze!", ergo verhält sich das Kind absolut der Anweisung entsprechend (wenn man eben bedenkt, welche Info im Gehirn ankommt). Genau das ist auch der Grund für das folgende Phänomen, was leider immer mal wieder aufkommt: ein Autofahrer verliert die Kontrolle über seinen Wagen und knallt mit ziemlicher Sicherheit gegen den einzigen Baum in hundert Meter Umkreis. Ist er bescheuert? Wie kann man denn den einzigen Baum treffen, der dort auf freier Fläche steht? Nein, er ist nicht bescheuert und auch nicht unfähig. Er wird sich einfach nur gedacht haben: "NICHT GEGEN DEN BAUM FAHREN! BLOSS NICHT GEGEN DEN BAUM FAHREN!" Wir haben gerade gelernt, was mit sogenannten Negationen (Verneinungen) im Gehirn passiert - sie werden rausgefiltert. Das Gehirn versteht also: "Fahr gegen den Baum!" Geht in Ordnung, wird gemacht.  

Woran liegt das?

Wie ihr wisst, besteht unser Gehirn aus der rechten und linken Gehirnhälfte. Diese haben unterschiedliche Funktionen. Die rechte Gehirnhälfte verarbeitet Gefühle, Bilder und Erlebnisse, während die linke Gehirnhälfte für die Logik verantwortlich ist. Noch mal das Beispiel mit dem rosaroten Elefanten. Die linke Gehirnhälfte kapiert ganz klar, was gefordert ist: Denke an alles andere!" Bei der rechten Gehirnhälfte dagegen taucht sofort das Bild des rosaroten Rüsseltiers auf, weil es nun mal seine Aufgabe ist. Wenn wir also Sätze mit Verneinungen sagen, erhält das Gehirn zwei völlig konträre Aufträge und weiß nicht mehr was es tun soll. Um die Situation zu vereinfachen, macht es sich das Gehirn leichter und streicht das Wort, womit es nichts anfangen kann. Probiert es mal aus. Ihr kennt doch sicher "Stille Post". Dabei flüstert immer ein Mitspieler dem Nächsten ein Satz ins Ohr und der wiederum gibt es an den nächsten weiter. Nutzt Sätze wie "Die Katze ist nicht tot!" Nach 3 - 5 Mitspielern kommt auf einmal "Die Katze ist tot." dabei heraus, und das obwohl der Satz eigentlich nicht schwer ist, das "nicht" wird durch das Gehirn einfach wegrationalisiert. 

Und nun?! Ich kann deswegen doch nicht alles erlauben?

Keine Angst, das ist gar nicht erforderlich. Wenn "nicht" / "kein" nicht wahrgenommen wird, müssen wir eine alternative Aufforderung entwerfen. Im Prinzip ist es ganz simpel. Wir wollen nicht, dass das Kind durch die Pfützen springt, alles gut, aber was soll das Kind stattdessen tun? Ganz einfach: "Geh bitte um die Pfützen herum!" In dem Fall ist die Anforderung völlig klar, es gibt keine Irritationen im Gehirn und ihr werdet sehen: in den meisten Fällen wird sich euer Kind daran halten. Hier mal noch ein paar weitere Beispiele:

1. "Vergiss bitte nicht, dass du heute noch zum Augenarzt musst!" vs 
"Denk dran! Du musst nachher noch zum Augenarzt!" 

2. "Fall nicht runter!" (Vom Klettergerüst, ein Satz den Eltern häufig verwenden...) vs
"Halt dich gut fest und pass auf!"

3. "Keine Angst! Das ist nicht schwer!" vs
"Ich glaube an dich. Du wirst das gut meistern!" 

4. "Nicht gegen den Baum fahren!!" vs
"Fahr rechts am Baum vorbei!" 

Wenn ihr wollt, dass jemand etwas auf keinen Fall tut, überlegt euch einfach, wie das gewünschte Verhalten denn eigentlich aussehen soll, bzw. welches Ergebnis erzielt werden soll und formuliert die Sätze gehirngerecht um. Ihr werdet sehen: ihr selber werdet es wesentlich leichter haben, eure Ziele zu erreichen (beobachtet euch mal dabei, wie oft ihr euch selber ermahnt und dabei die besagten Wörter benutzt und wie oft es schief geht) und auch euer Umfeld wird viel öfter das tun, was ihr eigentlich von ihm möchtet. 

Am Anfang ist es ein bisschen schwierig hier umzudenken, aber ich bin sicher, dass ihr euch ganz schnell daran gewöhnt. 

Habt einen schönen Tag.
Anne

Kommentare