Autismus und Psychotherapie

Hallo ihr Lieben!

Heute möchte ich euch mal wieder eine Unterstützungsmöglichkeit für Menschen aus dem Autismus-Spektrum vorstellen. Für alle, die hier neu mitlesen und sich noch nicht so gut mit diesem Störungsbild auskennen: Autismus ist nicht heilbar. Es gibt bei Autismus aber auch streng genommen nichts zu heilen, da es sich dabei um keine psychische Erkrankung handelt, sondern das Gehirn von autistischen Menschen ist neurologisch schlichtweg anders vernetzt. Eine Psychotherapie ist daher eher als begleitende Unterstützung zu betrachten. Wichtig: auch autistische Menschen können von psychischen Krankheiten betroffen sein, das eine schließt das andere nicht aus. In diesem Fall kann sie logischerweise tatsächlich heilen, aber darum soll es in diesem Beitrag mal nicht gehen. Ich möchte euch heute aufzeigen, welche Unterstützungsmöglichkeiten diese Therapieform für Autist: innen bieten kann, die an keiner zusätzlichen psychischen Erkrankung "leiden". 

Unterstützung bei der Verarbeitung und dem Umgang mit der Diagnose

Je nachdem wie intensiv man sich vorher mit der Möglichkeit, dass man Autismus haben könnte, beschäftigt hat, kann einen die Diagnosestellung durchaus umhauen. Es ist keine lebensbedrohliche Krankheit, sie ist nicht ansteckend, verursacht in der Regel keine Schmerzen oder ähnliches, aber es kann trotzdem ein Schock sein. Einfach weil man schwarz auf weiß hat: "Ich bin definitiv anders als die anderen Leute in meinem Umfeld und ich kann nichts dagegen tun, weil es nicht heilbar ist!" Eine Tatsache, die für manche Menschen erst einmal schwer zu verdauen ist. Dazu kommt, dass man selbst vielleicht Vorurteile über Autismus im Kopf hat und sich dann denkt: "Um Gottes Willen, so will ich nicht sein! Das kann alles nicht sein! Ich bin doch nicht so irre, wie der aus Rainman!" Bei Bedarf bekommt man in der Psychotherapie in aller Ruhe erklärt, was es überhaupt mit diesem Störungsbild auf sich hat, dass es ganz unterschiedliche Schweregrade gibt und man lernt, den Autismus als ein Teil von sich zu akzeptieren und nicht mit sich zu hadern, dass man "behindert" ist, o. Ä. Immerhin ändert sich durch die Diagnose an sich erst mal überhaupt nichts - man hat es schließlich schon sein ganzes Leben lang - die Baustellen, die man im Alltag so hatte, haben jetzt einfach nur einen Namen - nichts weiter ist mit der Diagnosestellung passiert. 

Vermittlung von Strategien zur Problemlösung im Alltag

Nur weil man sein ganzes Leben lang bereits mit dem Störungsbild lebt, heißt es nicht, dass man automatisch gelernt hat, mit den Schwierigkeiten die im Alltag so auftauchen, sinnvoll umzugehen. Viele der autistischen Leser: innen werden das bestätigen können. Psychotherapeut: innen haben den entscheidenden Vorteil, dass ihnen bereits zahlreiches Wissen über unterschiedlichste Störungsbilder vermittelt wurde und sie auch erklärt bekommen haben, was Patienten mit diesen Störungen helfen kann. Zusätzlich haben sie vermutlich bereits vor euch autistische Patienten gehabt und haben mit ihnen gemeinsam Lösungsstrategien erarbeitet und Rückmeldungen bekommen, inwieweit ihnen das weitergeholfen hat. Wenn ihr dann ähnliche Situationen erlebt, können sie auf diesen Erfahrungsschatz zurückgreifen und euch hilfreiche Tipps geben. Zusätzlich können Sie euch beibringen, auf welche Warnsignale eures Körpers ihr achten müsst, um schwierige Situationen wie Shutdown oder Meltdown oder Reizüberflutungen vermeiden zu können. Ich habe zum Beispiel eine Technik erlernt, die es mir ermöglicht meine Gefühle besser erkennen und zuordnen zu können und passende Maßnahmen gegen negative Gefühle zu ergreifen. Früher ist mir das unglaublich schwer gefallen. Wenn ich sprichwörtlich rot sehe, höre ich jetzt die pinke Playlist - denn pink ist die Stimmung die ich erreichen will, damit fühle ich mich wohl. In der pinken Playlist sind alles Lieder, die vor meinem inneren Auge irgendwie pink sind, ich kann das nicht so richtig beschreiben. Ja, ihr lebt schon euer ganzes Leben mit Autismus, aber ihr könnt und müsst trotzdem nicht alles von Anfang an kennen und wissen, was euch hilft. Dafür dürft ihr Unterstützung in Anspruch nehmen.

Erklärung von auftretenden Unklarheiten

Leider wird es immer wieder passieren, dass autistische Menschen Dinge, die ihre neurotypischen Mitmenschen sagen oder tun, nicht verstehen. Das liegt an der unterschiedlichen Arbeitsweise eines neurotypischen und eines autistischen Gehirns. Aber trotz der Tatsache dass man weiß, woher das Problem kommt, heißt das ja nicht, dass es nicht teilweise frustrierend ist. Gerade Psychotherapeut: innen, die auf Autismus spezialisiert sind, haben meist eine sehr gute Gabe, neurotypisches Verhalten oder Sprüche, die sie verwenden, zu "übersetzen". Weil sie wissen, wie ihre Spezies (i. d. R. Neurotyp) so "tickt" - sie haben quasi Erfahrungswerte, weil sie sich teilweise selber so verhalten und weil sie wissen, wie autistische Menschen denken. Sie haben einfach den Vorteil, dass sie beide "Parteien" verstehen können. Es kann aber auch sein, dass man z. B. nicht versteht, wie man sich selbst in Situation X gefühlt hat. Dann kann man in der Sitzung die Situation beschreiben und gemeinsam mit dem Psychotherapeuten die Lage entschlüsseln. 

Angehörigen-/Arbeitgeberberatung

Genau wie die Betroffenen selbst nicht von Anfang an alles über Autismus wissen können, geht es auch dem Arbeitgeber oder Angehörigen nicht anders. Gerade wenn man schon ein bisschen länger in der Psychotherapie mit dem Therapeut / der Therapeutin zusammenarbeitet, kann diese (r) sehr gut als Übersetzer für den Autisten fungieren. Was braucht er an Unterstützung im Alltag? Warum handelt er so wie er handelt? Welche Hilfsmittel gibt es? Wie können die Angehörigen mit der Diagnose umgehen? Welche Hilfen gibt es, die sie oder der Autist in Anspruch nehmen können, wenn es Schwierigkeiten gibt? All das, kann im Rahmen der Psychotherapie geklärt und vermittelt werden. 

Fazit

Auch wenn Psychotherapie Autismus nicht heilen kann, gibt es dennoch zahlreiche Möglichkeiten, wie autistische Menschen dadurch Unterstützung erhalten können und besser lernen, mit ihrer "Störung" umzugehen und sie als ein Teil für sich zu akzeptieren. Wenn ihr das Gefühl habt, ihr kommt mit eurem Autismus nicht klar oder ihr braucht praktische Tipps für bestimmte Situationen, dann dürft ihr euch Unterstützung suchen! Man muss nicht psychisch krank im klassischen Sinne sein.

Habt einen schönen Tag!
Anne

Kommentare