Das Rosie-Projekt - Autismus in Büchern

Hallo!

Ich möchte euch heute ein Buch vorstellen, auf das ich zufällig gestoßen bin und von dem ich mir zu 99 % sicher bin, dass die Hauptfigur eine Form von Autismus haben soll: es heißt "Das Rosie-Projekt". Zunächst werde ich (und ich hoffe ich spoilere dabei nicht zu arg) einen groben Überblick über den Inhalt zu geben, meine Erfahrungen mit der Darstellung von Autismus im Buch vergleichen und zum Schluss meine Gesamtmeinung dazu vorstellen. Je nach Umfang der einzelnen Bereiche könnte es dazu kommen, dass ich die Buchvorstellung in drei Teile splitten muss. Möglicherweise werde ich zwischendurch auch Posts über Psychologie machen, das kann ich jetzt alles noch nicht vorhersehen. Lasst euch überraschen. :) 

Worum geht es in dem Buch "Das Rosie-Projekt"?

Die Hauptfigur des dreiteiligen Romans heißt Don (eigentlich Donald) und ist Professor für Genetik. Don hegt den intensiven Wunsch, eine für sich passende Ehefrau zu finden. Leider hatte er bereits mehrere Dates, die sehr negativ verlaufen sind, was, seiner Meinung nach daran liegt, dass die Frauen einfach inkompatibel sind. Don ist ein extremer Verfechter von logischem und strukturiertem Denken. Was liegt da näher, als einen Fragebogen zu entwickeln, mit dem man alle Frauen, die Eigenschaften / Verhaltensweisen aufweisen, mit denen man niemals leben könnte, rausfiltern kann ohne dabei zeitraubende Dates verbringen zu müssen, die sowieso nur wieder in die Hose gehen? Die Idee dahinter: DIE Frau, die sich nicht durch eine falsche Beantwortung einer Frage selbst ins Aus schießt, ist seine Frau fürs Leben. Gesagt, getan. Er nennt die Ehefrauensuche mithilfe dieses Fragebogens das sogenannte Ehefrauenprojekt. Leider muss er feststellen, dass keine einzige Frau, die den Fragebogen ausgefüllt hat, all seine Kriterien erfüllt. Sein Freund Gene bietet ihm an, ihn beim Ehefrauenprojekt zu unterstützen und für ihn Frauen auszusuchen, die seiner Meinung nach so einigermaßen passen könnten. 

Irgendwann kommt Rosie zu Don. Don geht davon aus, dass sie eine Kandidatin des Ehefrauenprojekts ist und ist doch schwer irritiert, als sie zu spät zum vereinbarten Treffen kommt, raucht und auch noch größere Mengen an Alkohol trinkt... Weiß Gene doch, dass Don es verabscheut, wenn Menschen seine Zeit verschwenden, in dem sie zu spät kommen. Außerdem hatte er ganz klar Frauen ausgeschlossen die rauchen und seine geplante Ehefrau sollte eigentlich strikt auf Alkohol verzichten?! Streng genommen war Rosie also komplett inkompatibel für das Ehefrauenprojekt. Es stellt sich jedoch heraus, dass sie Don mit einem speziellen Anliegen besucht. Gene hat sie zu ihm geschickt, weil sie ihren leiblichen Vater sucht und Don nun mal Professor für Genetik ist. Obwohl Rosie eigentlich völlig inkompatibel für das Ehefrauenprojekt ist und das "Vater-Projekt" Dons streng strukturierten Tages-/Wochenablauf extrem durcheinanderbringt, erlebt Don das intensive Bedürfnis Rosie zu helfen. Er ist regelmäßig schwer irritiert darüber, da es rational eigentlich keinen Grund dafür gibt ihr zu helfen, bringt es doch für ihn überhaupt nichts. Bei der Suche nach Rosies Vater erleben sie zahlreiche verrückte Dinge und wachsen durch die Schwierigkeiten immer mehr zusammen, bis ... 

Mehr kann ich zunächst nicht schreiben, sonst würde es diejenigen, die das Buch zum ersten Mal lesen auf jeden Fall spoilern. 

Meine ersten Gedanken zu dem Buch

Grrr... Ich kann es nicht leiden, wenn einem mit der Brechstange übergeholfen wird, dass der Protagonist Autismus haben soll. Und genau das wird direkt auf den ersten Seiten des Buches getan. Und das liegt jetzt nicht daran, dass ich Vorwissen habe, weil ich quasi selbst betroffen bin. Es wird einfach direkt zu Beginn des Buches jedes Klischee bedient, das man im Kopf hat, wenn man nur mal im "Vorübergehen" von Autismus gehört hat. Und um auch wirklich sicherzustellen, dass es auch der letzte begreift, dass Don Autismus hat, hält er direkt am Anfang einen Vortrag über Autismus, den er für seinen Kumpel Gene übernehmen sollte. Was stört mich daran? Viele Menschen haben schon von diesem Störungsbild gehört, wissen aber eigentlich nicht so wirklich was dahinter steckt. Sie haben ihr "Wissen" aus klassischen Spielfilmen wie Rain Man / Club der roten Bänder und was es da nicht noch so alles gibt. Das Problem ist, dass die Serien in der Regel nichts mit der Realität zutun hat, es wird aus dramaturgischen Gründen überspitzt dargestellt. Aus diesem Grund haben viele Menschen ein falsches Bild von diesem Störungsbild, was für die Menschen die wirklich Autismus haben teilweise sehr anstrengend sein kann. 

Dennoch habe ich mir einen Ruck gegeben und erst einmal weitergelesen und bin positiv überrascht worden. Unter dem Einfluss von Rosie und mit der Unterstützung seiner Freunde Gene und Claudia lernt Don immer mehr zu verstehen, wie die neurotypische Welt um ihn herum funktioniert, wie man sich verhalten muss, um in dieser Welt möglichst wenig Ärger zu haben und so auch stressfreier zu leben.

Um bei Rosie zu punkten, versucht Don schließlich sich in einen kompletten Neurotyp zu verwandeln. Rosie teilt ihm aber mit, dass sie den Original-Don möchte, und keine verstellte Kopie. Ich finde die Gesamtmessage des Buches wahnsinnig toll:

1. Auch Autist:Innen können sich weiterentwickeln. Wenn Sie Unterstützung bekommen, können sie sehr viel lernen und in ihrer Umwelt besser zurecht kommen. 

2. Man muss sich nicht komplett verbiegen, um geliebt und angenommen zu werden. Es ist okay, wenn man so ist wie man ist, mit allen Ecken und Kanten.

Habt einen tollen Tag!
Anne

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