Apps und Hilfsmittel für AutistInnen: App-gesteuertes Zähneputzen

Guten Tag!

Bevor ich mit diesem Beitrag so richtig beginnen, möchte ich offen dazu sagen: es handelt sich gewissermaßen um Werbung, da ich euch ein Produkt sowie seine dazugehörige App vorstelle, dass das leidliche Thema Zähne putzen entzerren kann. Ich kann euch aber versichern, dass ich das absolut freiwillig mache und nicht weil ich gebeten wurde, ich bekomme kein Geld. Ich habe ja bereits vor einiger Zeit einen Beitrag geschrieben, in dem ich Tipps und Tricks zum Thema Zähne putzen gegeben habe und mitgeteilt habe, dass das für autistische Menschen aufgrund der veränderten Wahrnehmung häufig ein eher schwieriges Thema ist. 

Seit ungefähr anderthalb Monaten habe ich eine neue Zahnbürste zu Hause - eine rosafarbene Playbrush (Smart One). Das ist eine elektrische Zahnbürste, die app-gesteuertes Zähneputzen möglich macht. Ich hasse Zähne putzen und in der Regel sind die Zähne nie so richtig sauber geworden, weil ich von äußeren Umständen abgelenkt war (ihr glaubt gar nicht wie viele spannende Dinge es im Bad geben kann, wenn man etwas machen soll, was einem ohnehin nicht so viel Spaß macht, bzw. man das Handy zum spielen mitnimmt) und mich nicht so wirklich auf das Zähneputzen konzentrieren konnte. Außerdem musste ich sehr oft die Bürstenköpfe wechseln, weil ich ziemlich häufig darauf herumgekaut habe. Genauer genommen habe ich während der ohnehin eher kurzen Zeit in der ich geputzt habe, zu 70 % gekaut und zu 30 % geputzt. Dazu kommt, dass ich meist nicht dabei in den Spiegel geguckt habe. Mich irritieren einfach Gesichter, ob es nun mein eigenes oder ein anderes ist, ist dabei irrelevant. 

Wie funktioniert app-gesteuertes Zähneputzen?

Zumindest bei der Playbrush ist es so, dass man in der App eine Abbildung des menschlichen Gebisses sieht. Die Zahnbürste erkennt (zumindest größtenteils ziemlich genau) an welcher Stelle des Gebisses man sich gerade befindet und berechnet so, wie genau man geputzt hat, also ob man alle Stellen ausreichend bearbeitet hat. Außerdem zeigt sie einem auch genau wo man putzen soll. Anfangs ist das Gebiss dunkelgrün bzw. dunkelblau (je nachdem ob man den Tag oder Nachtmodus aktiviert hat). Man putzt immer abwechselnd in allen vier Quadranten (links, rechts, oben, unten). Wo geputzt werden soll, ist mit einer Art Seifenschaum dargestellt. Ziel ist es, den Schaum komplett wegzuputzen. Wenn das gelungen ist, erscheint die Seite blitzweiß, ist das nicht so gut gelungen, bleibt es in einem grünlichen Ton. Je sauberer die Zähne werden, desto heller wird das grün, bis es dann eben ganz weg sind. Das grün / blau stellt nämlich die theoretischen Zahnbeläge dar, die es ja grundsätzlich zu vermeiden gilt. Zusätzlich ist direkt auf der Zahnbürste ein Kreis aus einzelnen leuchtenden Ringen. Wenn alle Seiten rot leuchten, hat man ausreichend geputzt. Es ist also eine doppelte Absicherung. 

Nach einer Eingangsphase, in der sich die Zahnbürste an die Putztechnik gewöhnt hat, gibt die Bürste zusätzlich noch Feedback zum Druck mit dem man putzt. Die Bürste leuchtet dann unten rot und zusätzlich wird man von der App ermahnt. Das ist wirklich praktisch, da es nicht gut ist, wenn man zu stark aufdrückt. Wer ein bisschen Entertainment benötigt, kann zusätzlich die aktuellen Nachrichten lesen, die einem im unteren Bereich eingeblendet werden. Diese können aber auch abgestellt werden. Wem das immer noch zu langweilig ist, der hat sogar noch ein Spiel zur Verfügung. Es handelt sich dabei um eine Art Quiz, das man mit seinen Zahnputzbewegungen steuert. Die App sagt einem, wo man putzen soll und lädt die Fragen nur, wenn man an der richtigen Stelle putzt. Die Antworten wählt man, indem man an der entsprechenden Stelle putzt. Ich kann allerdings sagen, dass das spielen eher vom putzen ablenkt, als dass es hilfreich wäre. Ich schaffe nie alle 4 Leuchtringe, wenn ich das Zahnputzspiel spiele, im Prinzip ist es also eher kontraproduktiv. Für Kinder, die man so gar nicht zum putzen bewegen kann, wäre das aber natürlich trotzdem ein Fortschritt, weil auf alle Fälle alle Stellen mal irgendwie erwischt werden. Auf jeden Fall mehr, als wenn man gar nicht putzt. 😋 Für super extreme Zahnputzmuffel gibt es auch noch die Playbrush-Kids, die noch wesentlich mehr Spiele zur Verfügung hat. 

Vorteil der Bürste

Mir hilft das app-gesteuerte Zähne putzen, weil mir durch den Zahnputzcoach etwas angeboten wird, auf das ich meine Aufmerksamkeit richten kann, nämlich das Bild des Gebisses auf dem Handy, auf dem ich sehen kann, wo ich noch putzen muss. Dadurch bin ich weniger abgelenkt (ich will ja eine möglichst hohe Prozentzahl erreichen bei der Frage: wie gut hast du geputzt?) und ich kaue auch nicht mehr auf dem Bürstenkopf herum. Warum letzteres nicht mehr stattfindet, weiß ich ehrlich gesagt gar nicht so genau. Ich vermute, weil ich konzentrierter bei der Sache bin. Dadurch dass die Zahnbürste erkennt, wo man sich gerade befindet und mir angezeigt wird, wo ich putzen soll, erwische ich jetzt außerdem auch ohne in den Spiegel zu gucken, jede Stelle. 

Ich sehe zusätzlich den Vorteil, dass Eltern von putzunmotivierten Kindern nicht permanent daneben stehen und kontrollieren müssen. Die App zeichnet nämlich die Ergebnisse auf und man kann sich hinterher anschauen, wie gut es funktioniert hat. Außerdem bietet die App von sich aus an, die fehlenden Stellen noch nachzuputzen um auf 100 % zu kommen. Man hat also einen ziemlich guten Überblick darüber, wie gut in der einzelnen Einheit geputzt wurde. Leider ist es im Nachhinein nicht möglich detailliert zu sehen, zu wie viel Prozent genau geputzt wurde, das sieht man ausschließlich direkt nach dem putzen. Man sieht ansonsten nur den Wochendurchschnitt, aber auch tagaktuell anhand eines Balkendiagramms die Putzdauer, sowie ob man 1x täglich, 2x täglich oder gar nicht geputzt hat. Besonders praktisch, wenn das Kind bei einem Freund übernachtet, wo die Eltern ja nicht dabei sind.

Nachteile der Bürste

Die Bürstenköpfe sind leider relativ teuer (bei meiner kosten 2 Stück ca. 15 Euro). Außerdem sind sie nicht überall erwerbbar, ich habe sie aber schon bei Globus und DM gesehen und es gibt sie auch auf Amazon zu kaufen. (Und wer hat heutzutage denn kein Amazon-Account?) Es gestaltet sich also eigentlich nicht besonders schwierig an Nachschub zu kommen. Wenn man das möchte, kann man ein Abo abschließen, dann bekommt man sie automatisch zugeschickt, aber für die Nutzung der App an sich ist kein Abonnement notwendig. 

Außerdem soll die Bürste angeblich vorgeladen sein, damit man sie direkt benutzen kann. Diese Erfahrung habe ich leider nicht gemacht, bei mir ist sie restlos leer angekommen, sodass ich sie erst knappe 24 Stunden später das erste Mal benutzen konnte, was ich ein bisschen ärgerlich fand. Also seid besser vorsichtig und werft eure alte Bürste nicht sofort weg...

Es gibt kein Täschchen um die Zahnbürste ordentlich transportieren zu können, wenn man mal auf Reisen geht, was ich ebenfalls ein bisschen schade finde. Aber das ist jammern auf hohem Niveau, hier findet man sehr wahrscheinlich noch eine andere passable Lösung für sich. :-) 

Fazit

Wer beim Zähne putzen ein bisschen mehr Anleitung benötigt, für den ist diese Zahnbürste samt App genau richtig. Mir hat sie wirklich in mehreren Punkten massiv geholfen. Vielleicht ist ja ohnehin eine neue Zahnbürste erforderlich,  dann könntet ihr ja mal darüber nachdenken. Ich bereue den Kauf keine Sekunde bisher. 

Habt einen schönen Tag.
Anne

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