🎉🎉 Welt-Autismus-Tag 2022 🎉🎉

Ein herzliches Hallo! 😀

Besondere Grüße gehen heute an alle AutistInnen und Autisten dieser Welt raus - denn heute ist wieder der Welt-Autismus-Tag! Im letzten Jahr hat uns Corona einen Strich durch die Rechnung gemacht, aber wenn die Zahlen nicht urplötzlich wieder in die Höhe schnellen, bin ich sehr optimistisch. An diesem Tag finden nämlich in fast allen Städten Veranstaltungen rund um das Thema Autismus statt und Fachleute, sowie AutistInnen selbst, klären über die Personengruppe auf, die mit dieser besonderen Denk- und Lebensweise durch den Alltag geht. Auch ich mache selbstverständlich wieder mit. :-) 

Der diesjährige Welt-Autismus-Tag steht unter dem Motto: "A happy journey through life". Die eigentliche deutsche Übersetzung klingt ziemlich hölzern, darum übersetze ich es jetzt einfach mal mit meinen eigenen Worten: "(Mit Autismus) zufrieden durchs Leben gehen." Und darum wird es auch in dem heutigen Beitrag gehen. 

Wer heute zum ersten Mal auf diesem Blog ist und noch gar nicht so richtig weiß, was Autismus überhaupt ist, dem ist diese Beitrag wärmstens empfohlen. Hier habe ich schon mal ausgiebig darüber geschrieben, was es mit diesem Störungsbild auf sich hat: 


Was ist die Grundvoraussetzung, um zufrieden mit Autismus durchs Leben zu gehen? 

Also der Hauptbestandteil des Rezepts eines glücklichen und zufriedenen Lebens ist meines Erachtens, den Autismus nicht als unheilbare Krankheit/Störung/Problem, sondern als Teil der eigenen Persönlichkeit zu sehen. Manchen Autisten, die die Diagnose gerade erst frisch bekommen haben, fällt das am Anfang extrem schwer. Es ist aber immens wichtig, denn der Autismus wird angeboren und ist nach dem derzeitigen Stand der Forschung auch nicht heilbar, weil er eine besondere Verarbeitungsart des Gehirns ist. Man muss also das komplette Leben lang mit Autismus leben, und wenn man nicht mit der Diagnose klar kommt, macht man sich quasi selbst das Leben zur Hölle. 

Ich persönlich hatte kein Problem mit meiner Diagnose, weil ich mich schon vorher immer mal mit dem Thema Autismus beschäftigt habe, bereits einige Autisten kannte die alle einen recht fröhlichen Eindruck gemacht haben und bei der Diagnostik gut aufgeklärt wurde. Außerdem war ich eher froh, zu wissen, warum gewisse Dinge eben ein bisschen anders gelaufen sind, als das zum Beispiel bei meinen Mitschülern der Fall war. Ich rate jedem Autisten / jeder Autistin, der/die mit der Diagnose Probleme hat, sich auf jeden Fall psychologische Hilfe zu suchen. Fragt zum Beispiel dort nach, wo ihr diagnostiziert wurdet. (Das gilt natürlich auch für alle anderen, die mit einer Krankheit nicht psychisch nicht zurecht kommen. Ihr solltet euch nicht das eigene Leben mit Grübeleien zerstören, die ohnehin nichts an der Situation ändern. Ihr seid toll, so wie ihr seit - mit und ohne Autismus. 

Ich persönlich kenne keinen Autisten, der den ganzen Tag durch die Gegend läuft und sich dafür bemitleidet, Autismus zu haben. Dafür gibt es auch gar keinen Grund. Autismus besteht schließlich nicht nur aus Problemen und Schwierigkeiten, sondern bringt auch extrem viele Vorteile. Zum Beispiel Fähigkeiten, die nichtautistische Menschen erst ewig lang trainieren müssen oder vielleicht niemals so gut beherrschen wie Autisten. Da ich dazu bereits einen Beitrag geschrieben habe und das hier den Rahmen sprengen würde, gehe ich jetzt mal nicht auf Stärken von Autisten ein.


Was führt dazu, dass ich zufrieden durchs Leben gehe?

  • Ich beschäftige mich nicht damit, ob gewisse Aktivitäten vielleicht kindisch sind.
Und das ist definitiv meinem Autismus zu verdanken. Nichtautistische Menschen beschäftigen sich viel zu viel damit, was andere Menschen über sie denken könnten. Meines Erachtens vollkommen unnötig, dieses ständige über andere Leute urteilen, ist so sinnlos. Es macht eigentlich alle nur unruhig und unzufrieden, weil manche Leute deswegen vielleicht nicht die Dinge tun, die ihnen Freude bereiten. Mir zum Beispiel ist es völlig egal, dass auf dem Spielplatz ein Schild "Für Kinder bis 14" hängt und dass die meisten Menschen mit 26 Jahren eher nicht mehr auf Spielplätze gehen um dort zu schaukeln oder gedankenverloren ein bisschen den Sand durch die Hände rieseln zu lassen. Mir würde so viel Spaß entgehen. Es juckt mich auch nicht, dass man in meinem Alter kein Benjamin Blümchen, Bibi Blocksberg oder Bibi und Tina mehr hört. Erstens gibt es sogar Podcasts, die sich mit diesen Serien beschäftigen - von erwachsenen Menschen, zweitens gibt es genug Erwachsene, die das ebenfalls noch genießen und drittens, ist es einfach krass entspannend, etwas zu hören, dass man bereits mitsprechen kann. Warum sollte ich diese Entspannung aufgeben? Absoluter Quatsch. Es tut doch keinem weh, wenn ich mir gelegentlich Kinderhörspiele reinziehe! Hört auf euer Bauchgefühl und macht, wonach euch ist - geht mit gutem Beispiel voran! Dann gibt es bald viel mehr Leute, die mitmachen. 

  • Ich habe Familie und Freunde und Arbeitskollegen, die mich so nehmen wie ich bin.
Ich habe das Glück, dass ich mich eigentlich gar nicht verstellen muss. Dieser Umstand ist leider nicht allen AutistInnen vergönnt. Viele betreiben in ihrem Alltag extremes sogenanntes Masking. Sie tragen eine virtuelle Maske, indem sie sich so verhalten, als wären sie nichtautistisch. Warum sie das tun? Nun, um nicht aufzufallen. Entweder wollen sie ihre Diagnose nicht preisgeben, oder sie würden vielleicht auf Probleme in ihrem Arbeitsumfeld stoßen, wenn die Kollegen wüssten, dass Autismus vorliegt. Oder sie schämen sich dafür, anders zu sein. Für Masking gibt es leider dutzende Gründe. Ein Grund, warum einige Autisten unter Depressionen leiden - Erschöpfungsdepressionen. Es kostet nämlich unfassbar viel Energie, die ganze Zeit jemanden zu spielen, der man eigentlich gar nicht ist. Ihr tut gut daran, wenn ihr die autistischen Menschen in eurem Umfeld nicht verbiegt, sondern sie so lasst wie sie sind und euch vielleicht sogar ein bisschen auf ihre Bedürfnisse einlasst. Zum Beispiel indem ihr freiwillig auf sprachliche Bilder verzichtet, zulasst, dass sie ihre Rituale und Routinen durchziehen, etc. Alles nur Kleinigkeiten, aber für Autisten unheimlich entstressend. 

  • Ich habe die Möglichkeit, mich mit anderen Autisten auszutauschen.
Viele AutistInnen haben ähnliche Probleme/Schwierigkeiten. Das gute ist, dass ebenso viele auch schon Lösungsansätze dafür gefunden haben. Und wenn man sich regelmäßig, wie ich in einer Selbsthilfegruppe für Autisten austauschen kann, kann man einerseits voneinander profitieren, andererseits spürt man aber auch, dass man nicht alleine damit ist. Das kann enorm helfen. 

  • Ich schließe grundsätzlich keine Aktivitäten wegen meinem Autismus aus.
Hand hoch - wer würde einen Autisten beim Eishockey, auf Messen oder auf Konzerten vermuten? Aufgrund der Lautstärke und Menschenmassen würden die meisten vermutlich sagen, dass diese Aktivitäten für Autisten eher ungeeignet sind. Grundsätzlich kann ich zustimmen, dass manche Aktivitäten eher anstrengend sind. Aber ungeeignet oder unmöglich? Definitiv nein. Es sind zum Teil Anpassungen erforderlich - ich kann zum Beispiel bei Derbys definitiv nicht im Fanblock sein, stattdessen habe ich mir für diese Spiele Sitzplatz gebucht. Außerdem nutze ich beim Eishockey Ohrenstöpsel und habe einen Rückzugsraum. Und ich bin dort niemals allein, es wimmelt quasi nur vor Ansprechpartnern. Zu Konzerten nutze ich ebenfalls Ohrenstöpsel, stehe möglichst am Rand und gehe ausschließlich mit Begleitung dort hin. Vergesst dieses "Kann ich nicht, ich hab Autismus!" Ja, es kann sein, dass es wirklich nicht funktioniert, aber möglicherweise verpasst ihr den Spaß eures Lebens! 


Was könnte im Alltag getan werden damit Autisten zufrieden durchs Leben gehen?
  • Es sollte Autisten nicht so schwer gemacht werden, das Merkzeichen "B" (Begleitperson) in den Schwerbehindertenausweis aufgenommen zu werden, wenn diese es brauchen. Aktuell tun sich die Behörden diesbezüglich nämlich extrem schwer. Es gibt aber sehr viele Autisten, die ohne Begleitperson viele Aktivitäten überhaupt nicht wahrnehmen könnten. Und wenn die Begleit-person gratis reinkommen würde, würden sich für die eine oder andere Aktion doch eine Person finden, die begleitet, die vielleicht sonst keine Lust gehabt hätte.
  • In Innenstädten, bei Großveranstaltungen, in Einkaufscentern, in Behörden sollten endlich Rückzugsräume eingeführt werden. Beim Eishockey habe ich das riesige Glück, aber das ist eher die Ausnahme. In der Regel sind solche Räume nämlich nicht vorhanden.
  • Es sollte viel leichter werden, einen Schulbegleiter für autistische Kinder, aber auch andere Kinder die zusätzliche Unterstützung benötigen, zur Seite gestellt zu bekommen. Aktuell stellen sich die Ämter dabei extrem quer, die meisten Anträge werden abgelehnt (kostet ja Geld). Die Sachbearbeiter sind ja auch nicht dabei und sehen, wie sich manche Kinder in der Schule abquälen. Ich hatte das Glück, dass ich auf einer Förderschule war, aber es gibt auch autistische Schüler auf Regelschulen.
  • Ich bin dafür, dass die Google-Brille endlich erlaubt wird. Diese kann nämlich Emotionen in menschlichen Gesichtern erkennen und übersetzt sie dem Träger. Dieser erkennt dann quasi, dass das Gegenüber gerade traurig ist. Aktuell ist das aus datenschutzrechtlichen Gründen noch verboten, würde vielen Autisten den Alltag aber extrem erleichtern. 

Liebe AutistInnen, was fällt euch noch ein, was passieren müsste, damit ihr glücklicher durchs Leben geht? Schreibt es doch gern mal in die Kommentare! Selbige Aufforderung gilt selbstverständlich auch für alle, die Fragen an mich zum Thema Autismus haben. Schießt los! Habt einen wundervollen Tag! 

Anne

Kommentare