#WasIhrNichtSeht

Hallo!

Seit ich wieder bei Twitter bin, kann ich immer öfter den folgenden Hashtag entdecken: #WasIhrNichtSeht. Aber was hat der Hashtag zu bedeuten? In der Regel bezieht er sich auf das Störungsbild Autismus. Eltern von autistischen Kindern/Jugendlichen bzw. selber von Autismus betroffene Personen schreiben unter diesem Hashtag Erlebnisse, die sich auf besondere Situationen beziehen, die sie aufgrund des Autismus erlebt haben. Besonders häufig werden Situationen beschrieben, die für Außenstehende, die vielleicht überhaupt keine Ahnung von diesem Störungsbild haben, so wirken, als wäre das Kind z. B. absolut unerzogen oder die Eltern wären überhaupt nicht durchsetzungsfähig. 

Beispiele für solche Situationen

Ein Beispiel: Ein Kind erleidet in der Stadt einen vollkommenen Ausraster, es rollt sich schreiend über den Boden und schlägt um sich. Ein Verhalten, was sozial jetzt nicht unbedingt anerkannt ist. Die Reaktion wird im mildesten Fall ein Kopfschütteln sein, schlimmer wird es nur noch, wenn sich Leute dann auch noch einmischen und denken, dass sie das Kind besser erziehen können, als die offenbar unfähigen Eltern. Was die Menschen aber vermutlich nicht mitbekommen haben, dass das Kind vom Einkaufen eine extreme Reizüberflutung erlitten hat (z. B. durch grelles Licht, Lautsprecherdurchsagen, die Jacke war zu warm und hat auf der Haut geklebt, es waren viel zu viele Menschen, etc.) und nun einen Meltdown hat. Es hat nichts damit zu tun, dass es den gewünschten Teddy nicht bekommen hat und darum einen Wutanfall bekommen hat, sondern dass sein Gehirn mit all den Reizen überfordert ist und überhaupt nicht mehr weiß, was es tun soll.

Oder ein anderes Beispiel, dass ich bei einer Mutter auf Twitter gelesen habe. Zwei autistische Kinder sind bei einer Animation für Kinder (ich weiß nicht mehr wo) und werden plötzlich unruhig. Die Mutter, die die Anzeichen bei ihren Kindern erkennt, ruft sie zu sich und bietet ihnen Kopfhörer an. Umwelt: Ah, diese Helikoptereltern immer. Was sie allerdings logischerweise nicht wissen: den Kindern ist gerade alles viel zu laut, haben aber noch nicht die notwendige Kompetenz, um zu erkennen, was sie tun müssen, um die Situation für sich erträglicher zu gestalten, bzw. spüren vielleicht nicht rechtzeitig, wann sie eine Pause machen müssen. Wenn die Mutter sie einfach in der Kindermenge gelassen hätte und nicht die Kopfhörer zur Reizeindämmung angeboten hätte, wäre es möglicherweise zu einem Ausraster (wie oben beschrieben) gekommen.

Was ist Sinn und Zweck dieses Hashtags?

Die Betroffenen bzw. die Eltern wollen natürlich einerseits über Autismus aufklären. Menschen, die von diesem Störungsbild nicht so viel Ahnung haben und einen solchen Tweet von einer typischen Alltagssituation lesen (in dem dazu geschrieben steht, was das mit Autismus zu tun hat), sollen dadurch die Besonderheiten dieser Störung kennenlernen. 

Zusätzlich soll es aber auch die Menschen zum nachdenken anregen. Es soll vermitteln: "Ihr kennt nicht die Situation, die vorangegangen ist, bzw. wisst ihr die Ursache nicht - ihr seht nur das Ergebnis!" Mitunter ist es also extrem unfair, die begleitenden Personen zu verurteilen, die vielleicht überhaupt nichts dafür können und im Gegenteil mit ihren Maßnahmen, die vielleicht inkonsequent wirken, sogar dafür sorgen, dass sich die Situation wieder beruhigt. 

Zu guter Letzt, soll es die Menschen dazu bringen, weniger in Schubladen zu denken. Egal wie merkwürdig ein Verhalten auch sein mag, bzw. wie kurios elterliche Maßnahmen wirken können: es gibt in 90 % aller Fälle immer einen plausiblen Grund. Nur weil wir den nicht auf Anhieb erkennen, muss das Verhalten nicht falsch sein. 

Ich lade euch ein, bei Situationen die euch merkwürdig erscheinen, eure Reaktionen darauf mal zu hinterfragen. Habt einen schönen Tag!

Anne

Kommentare

  1. Das finde ich ganz schön. Ich fühle mich auch oft verurteilt über das "schlechte" Verhalten meines Kindes.

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    1. Lass dir NIEMALS einreden, dass du irgendwie nicht dazu fähig wärst, dein Kind richtig zu erziehen. Wer das behauptet, hat keine Ahnung, von den Schwierigkeiten, die autistische Menschen mitunter erleben. Und die auch keine Ahnung davon haben, was Eltern/Erzieher alles für diese Kinder tun. Ich bin sicher, du tust alles, damit es deinem Kind gut geht - und das ist das Wichtigste.

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