Hilfsmittel für Autisten: Therapiedecke

Hallo!

Ich hoffe, ihr habt euch gut im neuen Jahr eingefunden. Wie klappt es mit den guten Vorsätzen? :-) Im Beitrag über die Druckweste habe ich bereits erwähnt, dass es auch ein weiteres Hilfsmittel gibt, dass autistischen Menschen beim entspannen sehr gut helfen kann: die Therapiedecke, um die soll es heute gehen. 

Was ist eine Therapiedecke und wie wird sie angewendet?

Eine Therapiedecke ist eine meist recht dünne Decke, die mit beschwerendem Material (z. B. Glaskügelchen, Metallkügelchen, Sand, Bohnen, Erbsen, etc,) gefüllt ist. Sie ist wesentlich schwerer, als gewöhnliche Bettdecken, die in der Regel mit Daunen gefüllt sind, weswegen sie auch schwere Decke oder Gewichtsdecke genannt wird. Die Anwendung ist denkbar einfach: unter die Decke legen und abwarten. Durch die gleichmäßige Schwere, wird ein angenehmer Druck auf den Körper ausgeübt, welcher auf die meisten Menschen ungemein beruhigend und angenehm wirkt. Dieser Druck wird auch Tiefendruck genannt. 

Warum hilft die Therapiedecke beim einschlafen/beruhigen?

Wenn man unter der Therapiedecke liegt, wird man automatisch ruhiger, weil jede Bewegung ungleich schwieriger wird. Die Decke kann selbstverständlich problemlos von demjenigen der drunter liegt zur Seite gewälzt werden und man kann sich auch darunter bewegen, aber dadurch, dass die Decke wesentlich schwerer als eine gewöhnliche Bettdecke ist, ist es eben nicht so einfach. Wer schon einmal im Kettenkarussell versucht hat, das Bein zu heben, wird bemerkt haben, dass das wenig bis gar nicht möglich ist, weil der Körper in den Sitz gedrückt wird (bitte versucht mir jetzt keine physikalische Erklärung zu entlocken, dafür sind andere zuständig). Und so ähnlich fühlt es sich unter der Therapiedecke an. Es ist einfach nicht so leicht. Dadurch wird jegliches Gezappel auf ein Minimum reduziert.

Zusätzlich fühlt man sich unter der Decke angenehm geerdet. Es ist warm und man spürt seinen Körper besser. Durch die Decke hat man eine spürbare Begrenzung - man merkt wo die Decke aufhört. Aber auch wenn die Begrenzung und die Schwere allein noch nicht ausreichen, hat man immer noch die Möglichkeit, die Wahrnehmung darauf zu verstärken, indem man zum Beispiel sich selbst fragt: wo liegt die Decke am meisten auf, wie fühlt sich der Druck an, wo lässt das Gewicht der Decke nach, etc.

Was muss man beachten?

Die Decke sollte nicht mehr als 10 % des eigenen Körpergewichts betragen, also wenn man 60 kg wiegt, sollte sie auch nur ca. 6 kg schwer sein. Es ist allerdings sinnvoll, wenn man sich zum Beispiel in einem Fachgeschäft für Orthopädie, bzw. einer Ergotherapie oder Autismusambulanz mal eine Decke ausleiht um sie zu testen. Nicht jeder Mensch ist gleich und nicht jeder Mensch mag das Druckgefühl auf dem Körper. Es ist auch möglich, dass die vorgeschlagene Formel nicht das perfekte Wohlbefinden auslöst. Hier muss man einfach prüfen, ob die Decke vielleicht leichter sein sollte, oder eben auch ein Kilo schwerer, es handelt sich nur um einen ungefähren Richtwert, der nicht in Stein gemeißelt ist. Es gibt die Therapiedecken in den unterschiedlichsten Schweregraden, da dürfte für jeden etwas dabei sein. Am wichtigsten ist, dass die Decke nur so schwer ist, dass man sie problemlos selbst entfernen kann.

Im Prinzip ist die Decke für fast jeden Menschen grundsätzlich geeignet. Sogar Schwangere können eine Therapiedecke nutzen, sollten allerdings vorher mit ihrem behandelnden Arzt sprechen. Kinder unter 5 Jahren, bzw. Kids die unter 20 kg wiegen, sollten jedoch bei der Benutzung immer beaufsichtigt werden (es gibt allerdings auch Therapiedecken, die direkt für Kinder sind). Außerdem sollten Menschen mit Diabetes, Herzproblemen, Asthma, Schlafapnoe oder Atemstörungen immer mit ihrem Arzt vorher darüber sprechen, ob er das medizinische Okay gibt. Bei einem diabetischen Fuß sollte die Decke wohl auf keinen Fall benutzt werden. 

Was die Dauer der Nutzung je Anwendung betrifft, muss jeder für sich selbst schauen, was da für ihn am besten passt. Grundsätzlich ist keine Maximaldauer vorgeschrieben - man kann z. B. die ganze Nacht unter der Decke schlafen, wenn einem das angenehm ist. Die längste Zeit die ich unter der Decke verbringe sind max. 3h, danach wälze ich sie runter. In der Regel liege ich aber nur 20 min unter der Decke, darunter die ganze Nacht liegen wäre jetzt nicht mein Ding. Aber da kann jeder für sich selbst schauen. 

Nachteile der Decke

Ein wesentlicher Nachteil ist der hohe Preis, der für die Decke verlangt wird. (100 € aufwärts) Es ist ein Therapieprodukt, welches mit besonderen Materialen hergestellt wird und hält in der Regel sehr sehr lange, der Preis ist meist schon gerechtfertigt. Wenn man jetzt nicht so viel Geld hat und feinmotorisch begabt ist, kann man eine schwere Decke auch selbst herstellen, indem man z. B. Erbsen/Bohnen in einen Deckenbezug einnäht. Ich kann das allerdings nur bedingt empfehlen - man muss wirklich gut nähen können und sich vorher im Internet spezielle Anleitungen besorgen. Wenn man es nicht hinkriegt, dass das Material gleich verteilt ist bzw. nicht ausreichend in den einzelnen Kämmerchen der Decke fixiert ist, verrutscht das Material regelmäßig und das kann einen wahnsinnig machen. Ich würde tatsächlich eine schwere Decke die professionell hergestellt ist, eher empfehlen. Bzw. wenn man nicht so richtig gut nähen kann, sondern nur die Grundkenntnisse hat, aber auch nicht so viel Geld hat, kann man logischerweise auch mehrere kleine Säckchen mit dem Material nähen. Da ist es viel leichter, das Material gleichmäßig zu verteilen und wenn man mehrere Säckchen auf den Körper legt, hat man einen ähnlichen Effekt.

Man kann die Decke eigentlich nur zu Hause verwenden. Aufgrund der Schwere und der Größe kann man sie nicht einfach mal so für unterwegs mitnehmen (also wenn man spontan einfach mal bei einem Freund übernachten will - das wäre eine seehr schwere Reisetasche/Rucksack). Und im Alltag nützt sie einem logischerweise auch nicht viel, man kann sie sich ja nicht umlegen bei einem Shopping-Trip, viel zu schwer. Für solche Zwecke ist dann doch eher die Druckweste geeignet.

Nun kennt ihr ein weiteres Hilfsmittel, dass euch bzw. euren Kindern eventuell weiterhelfen könnte. Habt einen schönen Tag!

Anne

Kommentare

  1. Mein 11-jähriger Autist schläft die ganze Nacht drunter. Weil er sie schon zwei Jahre hat, hat sie wahrscheinlich nur mehr 8 % seines Körpergewichtes, aber er mag sie immer noch sehr gerne.
    Manchmal ergibt es sich, dass ich in seinem Bett schlafe. Und für mich ist die Decke auch sehr angenehm.
    Wir können sie wirklich sehr empfehlen.

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    1. Lieben Dank, dass du deine Erfahrungen mit uns teilst. :) Gerade Menschen, die momentan überlegen, ob die Decke wirklich für sie geeignet ist, haben so noch mal einen Anhaltspunkt mehr! Ich wünsche weiterhin gemütliche Nächte mit der schweren Decke!

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