Was ist die richtige Therapie?

Guten Tag!

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Auch bei Autismus ist das Angebot von Therapiemöglichen schier unerschöpflich und sorgt bei vielen Eltern autistischer Kinder für Ratlosigkeit und stellenweise auch Überforderung. Natürlich wollen sie nur das beste für ihr Kind, es soll bestmöglich gefördert werden und so wenig Schwierigkeiten wie möglich im Alltag erleben müssen, aber überfordern will man das Kind halt auch nicht. Was steckt hinter den einzelnen Therapien? Wirken sie wirklich? Wie viele Therapien sollte man zeitgleich probieren? Ich möchte heute Tipps geben, wie man in dem Wust aus Möglichkeiten die besten Varianten für sich/oder das Kind herausfiltern kann, bzw. worauf man achten sollte.

Was ist wichtig zu wissen?
  • Das Kind muss während der Therapie so sein dürfen, wie es ist.
Die Therapie sollte niemals darauf ausgelegt sein, den autistischen Menschen an die neurotypische Welt anzupassen oder ihn zurechtzubiegen, wie er gebraucht wird. Von einer solchen Therapie ist dringend abzuraten, weil sie mehr zerstört, als dass sie hilft. Der Therapeut sollte immer darauf bedacht sein, das Kind dort abzuholen wo es gerade steht (Redewendung) und ihm helfen im Alltag besser klar zu kommen, ohne es zu verbiegen. Das Kind sollte während der Therapie genauso sein dürfen wie es ist (mit Stereotypen - so vorhanden, mit fehlendem Blickkontakt, mit jeglicher Kommunikationsform, etc.). Wenn das der Fall ist, ist die Wahl schon mal nicht schlecht.
  • Kinderarzt und Kita können oft einen guten Überblick geben, was sinnvoll wäre
Man könnte meinen: viel hilft viel - viele Therapien = optimale Entwicklung des Kindes. Das ist allerdings nicht zwingend so. Viele Dinge erlernen die Kinder im Laufe ihrer Entwicklung von ganz allein, das trifft auch auf autistische Kinder zu. Der Kinderarzt oder die Erzieherinnen in der Kita können hier oftmals Tipps geben, welche Förderungsmaßnahmen sie für notwendig erachten, sie sind schließlich pädagogisch geschult und erleben das Kind den ganzen Tag, bzw. haben sie auch den Vergleich zu den anderen Kindern. Zu viele Therapien gleichzeitig können nämlich dazu führen, dass das Kind dann überfordert wird bzw. dass es sich überhaupt nicht richtig auf die Therapie einlassen kann, weil es überreizt ist, von den verschiedenen Eindrücken die auf es einprasseln. Man kann aber schauen, ob manche Dinge, die verbessert werden sollen, nicht durch eine Therapie abgedeckt werden kann. Ergotherapie verbessert zum Beispiel gleichzeitig die Wahrnehmung, aber auch Bewegungsstörungen können in gewisser Form behandelt werden. Schon könnte man sich beispielsweise die Physiotherapie sparen.

Wann sollten die Alarmglocken angehen?
  • Wenn die Therapie die Heilung des Autismus verspricht
Autismus ist nach dem derzeitigen aktuellen wissenschaftlichen Stand nicht heilbar! (Sollte sich das jemals ändern, werdet ihr es sofort auf meinem Blog erfahren, versprochen!) Eine Therapie, die bei Autismus eingesetzt wird, wird allenfalls die Fähigkeiten der autistischen Person stärken, dabei helfen Entwicklungsrückstände aufzuholen, Wahrnehmung fördern, Probleme mildern, etc. jedoch NIEMALS HEILEN. Wer behauptet, dass seine Therapie das Allheilmittel gegen Autismus ist, ist ein Quacksalber oder Betrüger. Darauf dürft ihr niemals rein fallen.
  • Wenn das Kind in der Therapie zu irgendetwas gezwungen werden soll
Leider gibt es nachwievor Therapeuten, die der Meinung sind, dass es autistischen Kindern hilft, aus ihrer "eigenen Welt" herauszukommen, wenn man sie zu irgendwas zwingt. Sei es Blickkontakt, Körperkontakt oder wenn Autisten dazu aufgefordert werden, stereotypes Verhalten (z. B. schaukeln, mit den Händen flattern, monotones summen, etc.) zu unterdrücken. Wann immer das Kind dazu gebracht werden soll, etwas zu tun, was ihm wirklich unangenehm ist, solltet ihr dringend "Reißaus" mit eurem Kind nehmen, denn dann ist es der falsche Therapeut. Auch wenn dem Kind irgendetwas weggenommen wird und es den Gegenstand nur dann wiederbekommt, wenn es macht, was der Therapeut sagt, ist absolute Vorsicht geboten. Eine solche "Behandlung" wird meist bei der ABA-Therapie angewendet (siehe Extrabeitrag). Wenn ein Kind in der Therapie unter Druck gesetzt wird, ist in aller Regel davon auszugehen, dass der seelische Leidensdruck dadurch wesentlich größer ist, als der Effekt der Therapie (remember: heilbar ist Autismus ohnehin nicht!).
  • Wenn die Eltern emotional unter Druck gesetzt werden
Keinem Therapeuten der Welt steht es zu, die Eltern unter Druck zu setzen, die Behandlung durchführen zu lassen. Niemals. Die Eltern sollten vollkommen sachlich darüber beraten werden, welche Chancen die Therapie bietet, bzw. was überhaupt möglich ist. Ohne Druck auszuüben, in dem sie in Aussicht stellen, was passiert, wenn die Therapie nicht durchgeführt wird. Eltern MÜSSEN jederzeit die Möglichkeit haben, die Therapie zu beenden, ohne dass ihnen Angst gemacht wird. Lasst euch niemals einreden, dass es ohne diese Therapie nicht geht - es gibt IMMER auch andere Möglichkeiten und Lösungsansätze. Und selbst wenn diese Therapieform doch die geeignetste darstellen sollte, gibt es auch immer noch andere Praxen, in denen man die Behandlung durchführen lassen kann. Man ist nie auf diesen einen Therapeuten angewiesen. Da Autismus eh nicht heilbar ist, gibt es ohnehin nicht DIE Therapie. Es wird niemals irgendetwas bahnbrechendes passieren, wenn ihr euch für oder gegen eine Therapie entscheidet. Das solltet ihr immer im Hinterkopf behalten.

Fazit

Am allerwichtigsten ist, dass sich sowohl Kind als auch Eltern bei dem Therapeuten gut aufgehoben fühlen und niemand unter Druck gesetzt wird, und das Kind so bleiben kann wie es ist. Außerdem sollte man regelmäßig überprüfen: erfüllt die Therapie noch das, was wir uns ursprünglich erhofft haben, ist sie überhaupt noch notwendig und welchen Eindruck macht mein Kind? Die Kinder zeigen nämlich in der Regel sehr deutlich, wenn sie sich mit der Situation nicht mehr wohlfühlen. Ein guter Therapeut setzt sich zudem regelmäßig mit den Eltern auseinander und bespricht, welche Eindrücke er von Entwicklung, etc. hat. Vertraut euch selbst - ihr seid die Experten für euer Kind! 

Habt einen schönen Tag!
Anne

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