Silvester-Special: Crash, Boom, Bääm!

Hallo!

Haltet durch, es dauert nicht mehr lange und das 2. Jahr mit Corona-Wahnsinn ist vorbei! Natürlich ist nicht auszuschließen, dass wir auch im Jahr 2022 noch eine Menge über dieses Virus hören werden, ab
er wie immer gilt: neues Jahr, neues Glück! Für viele Menschen bedeutet das natürlich Paaarty!! 🎉🎉

Zu dem Zeitpunkt wo ich diesen Beitrag schreibe, ist noch kein Verbot ausgesprochen, dass das zünden von Silvesterraketen verbietet. (Leider.) Daher ist davon auszugehen, dass wie in jedem Jahr wieder unzählige Menschen auf die Straße gehen und mit dem Zünden von Böllern und Raketen ihrer Begeisterung Ausdruck darüber zu verleihen, dass das alte Jahr endlich vorbei ist (dafür gibt es ja eigentlich immer irgendein Grund)
und das neue Jahr ordnungsgemäß zu begrüßen. 

Viele Menschen haben große Freude an den Feuerwerken die überall in Stadt und Land am Nachthimmel zu bewundern sind. Sie genießen die bunten Farben und haben Spaß dabei, auch selbst den einen oder anderen Böller abzufeuern. Natürlich gibt es wie bei allem anderen auch, eine Kehrseite der Medaille. Besonders Tiere, aber auch bestimmte Personengruppen haben jedes Jahr zu Silvester nicht gerade Freude an dem Geknalle in ihrer Umgebung. Viele Autisten gehören zu diesen Personengruppen. Natürlich gibt es auch AutistInnen die Silvester mit jeder Faser genießen und mit Feuereifer dabei sind und mitmachen, das möchte ich unbedingt betonen. Aber es gibt eben auch viele, bei denen das Gegenteil von Begeisterung der Fall ist, dazu gehöre ich. Heute möchte ich Tipps geben, was man tun kann, damit die autistischen Kinder bzw. man selbst als Autist oder geräuschempfindlicher Mensch Silvester so angenehm wie möglich gestalten erlebbar machen kann. 

1. Man muss nicht auf das Feuerwerk verzichten.

Silvester ist Partytime und da gehört nun einmal das Feuerwerk dazu. Und ganz ehrlich - irgendwie ist es doch auch mega episch, wie die ganzen Raketen am Nachthimmel die tollsten "Bilder" verursachen. Das finden auch die meisten Autisten grundsätzlich schön. Das Problem ist natürlich die extreme Lautstärke, die die meisten AutistInnen nicht so gut vertragen. Aber deswegen darauf zu verzichten? Nein, da gibt es doch so viele Möglichkeiten:
  • Feuerwerk von drinnen anschauen (geschlossenes Fenster, geschlossene Tür)
  • Gehörschutz verwenden (Ohrenstöpsel, Over-Ear-Kopfhörer wie man sie auf dem Bau nutzt)
  • drinnen laute Musik laufen lassen, die übertönt mit etwas Glück die ständigen Knalle
  • optimalste Kombi: drinnen Musik über Kopfhörer laufen lassen...
Selbst wenn man das Geknalle nicht komplett übertönen kann, so hilft es zumindest beobachten zu können, woher die Knallerei kommt und wann es ungefähr knallen wird. Als Kind habe ich Silvester immer mit meinen Eltern und Bekannten in einer Jugendherberge gefeiert, wo ich dem Feuerwerk immer von drinnen aus der riesigen Glasfront zugeschaut habe. Inzwischen kann ich mich je nach Tagesform sogar schon in den Eingangsbereich der Tür stellen. Da ich immer Angst habe, von den Böllern getroffen zu werden, trage ich zusätzlich zu Ohrenstöpseln noch eine Kapuze und gehe nicht aus meiner Deckung. Aber: ich stehe mit draußen. Letztes Jahr war es sogar besonders gut für mich: ich habe mich auf den Balkon gestellt und konnte immer wieder in die sichere Wohnung gehen und hatte dort die wesentlich leisere Variante des Feuerwerks. Ich bin eigentlich die ganze Zeit hin und her gependelt. Niemals jedoch sollte man die autistische Person dazu zwingen, mit raus zukommen oder das Feuerwerk überhaupt anzuschauen.

2. Gute Vorbereitung ist alles.

Die meisten AutistInnen ohne Intelligenzminderung wissen spätestens mit 6 Jahren sehr genau, dass es zu Silvester ein Feuerwerk gibt und das ziemlichen Radau macht. Gerade frühkindliche Autisten bzw. Autisten mit Intelligenzminderung werden jedoch möglicherweise von dem Feuerwerk überrascht, weil Silvester für sie ein vollkommen normaler Tag wie jeder andere auch ist und sie vielleicht noch nicht mal nachvollziehen können, warum an dem Tag überhaupt Party ist. Ihnen kann es helfen, wenn man einen guten Zeitraum vor Silvester bereits regelmäßig bespricht, was auf sie zukommen wird. "Bei Silvester feiern wir, dass das alte Jahr zu Ende ist und ein neues beginnt. Es wird eine Feier geben und um Mitternacht machen die Menschen ein Feuerwerk." Möglicherweise kann man mithilfe von einem Kalender die Tage abstreichen, wie viele Tage das Jahr noch hat und an dem Abend z. B. eine Art Minikalender machen. Pro Stunde wird eine Uhr weggestrichen und wenn es nur noch eine Stunde bis zum großen Showdown ist, wird ein Time Timer gestellt. Vielleicht kann man sich auch vorher ein paar Mal Feuerwerke bei youtube anschauen. Man sollte nicht automatisch davon ausgehen, dass ein frühkindlicher Autist weiß, was ihn an Silvester erwartet, auch wenn er das schon einige Jahre erlebt hat. (Natürlich ist nicht bei allen Autisten eine solch extreme Vorbereitung erforderlich, hier kommt es ganz  auf die Bedürfnisse an.)

3. Rückzugsort in der Wohnung/im Haus schaffen

Leider gibt es auch Autisten, die von der extremen Lautstärke des Feuerwerks und von dem Trubel maximal überfordert sind. Sie wird man höchstwahrscheinlich auch nicht dazu motivieren können, sich das Feuerwerk anzuschauen. Es kann helfen, ihnen einen Rückzugsort in der Wohnung zu schaffen, der möglichst weit weg vom Geschehen ist. Auch in einem Mietshaus wird in der Regel nicht auf beiden Seiten geknallt, sondern es zentriert sich oft auf einen Punkt. Bei uns ist es die Wiese hinter dem Haus. In diesem Zimmer sollte man es so gemütlich wie möglich machen. Man kann dem autistischen Menschen zum Beispiel anbieten, am Laptop oder Tablet/Handy eine Dokumentation zum Spezialinteresse schauen - mit Kopfhörern, während draußen der Wahnsinn tobt. Oder Musik, die derjenige gerne hört. Möglicherweise ist aber auch ein entspannendes Bad genau das richtige während des Feuerwerks. Oder man baut eine gemütliche Höhle (ja, das kann auch erwachsenen Autisten helfen, wenn sie gestresst und unruhig sind, und lautes Geknalle löst schon bei manchen Neurotypen Stress aus) - alles was beruhigt ist erlaubt, ob es jetzt vielleicht altersentsprechend ist oder nicht, das ist vollkommen irrelevant. Wichtig ist, dass der Autist das Geknalle so gut wie möglich übersteht, ohne massiv gestresst zu sein. 

4. Es sollte grundsätzlich immer eine Bezugsperson in der unmittelbaren Nähe sein.

Silvester bedeutet viele Reize und durch Böller und Silvesterraketen für Autisten häufig Stress, auch wenn viele zumindest an der Party definitiv Freude haben. Darum ist es immer sinnvoll, wenn an dem Abend, besonders natürlich an Silvester immer eine Bezugsperson in unmittelbarer Nähe ist und darauf Acht geben kann, dass der Autist nicht überfordert wird. Am günstigsten ist es natürlich, wenn mehrere Bezugspersonen in Frage kommen. Gerade wenn der Autist das Feuerwerk wirklich so gar nicht erträgt und sich zurückziehen muss, können sich die Bezugspersonen logischerweise mit der Begleitung abwechseln, damit jeder mal das Feuerwerk beobachten kann. Die Bezugsperson bei sich zu haben, beruhigt in jedem Fall enorm und kann dabei helfen, die Situation erträglicher zu gestalten. Außerdem lässt sich so eine Reizüberflutung frühzeitig verhindern, da diese Menschen ja wissen, wie die Autisten vom Dienst ticken und erkennen die Anzeichen, wenn es zu viel wird und können rechtzeitig gegensteuern. 

Ich hoffe, ich konnte euch ein paar Anregungen für Silvester geben. Es ist zwar noch nicht soweit, aber was bringt es, das Silvester-Special mit den Tipps erst kurz vor Silvester zu posten, wo man möglicherweise gar keine Vorbereitungen mehr treffen kann...

Habt einen schönen Tag!
Anne 






















Quelle Bild: https://www.infranken.de/ratgeber/feiertage-tradition/silvester/silvester-2019-das-sollten-sie-beim-feuerwerk-beachten-art-3033094



 

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