Autismus und Pucken

Hallo!

Wer hat in seiner Kindheit schon mal "Hotdog" gespielt? Ich kann mich noch super gut daran erinnern! Mein Bruder und ich haben gemeinsam mit unserer Uroma unsere Oma in den USA besucht. Sie kann super gut nähen und hat schon immer mehrere Tagesdecken zu Hause gehabt. Dort haben wir öfter Hotdog gespielt. Wie ging das? Einer hat sich an den Anfang einer Decke gelegt und wurde dann in die Decke eingewickelt. Meistens haben wir dann noch weitere Decken verwendet, wie z. B. weitere Tagesdecken und die normale Bettdecke. Die Decken sind quasi das Brötchen gewesen und der eingewickelte Mensch das Wiener Würstchen. Natürlich haben wir auch unsere Oma immer mal eingewickelt. Sie mochte das meistens nicht so sehr, weil ihr in den ganzen Decken ziemlich warm geworden ist, mir hat das im Prinzip eigentlich immer recht gut gefallen und lag dann auch eine Weile in dem Deckenberg (trotz dass es in Florida schon eine ziemlich warme Grundtemperatur hat). Vor einer Weile habe ich den Erfahrungsbericht eines Autisten aus einer Klinik bekommen - dort wurde er gepuckt. Das ist im Prinzip so ähnlich wie "Hotdog" spielen. Und das erklärt auch, warum ich das immer so angenehm fand. 

Was ist pucken?

Pucken wird eigentlich hauptsächlich bei Babys in den ersten Lebenswochen und Monaten angewendet, wenn sie über mehrere Stunden nicht zur Ruhe kommen. Dabei wird das Baby eng in ein Tuch oder eine Decke gewickelt und soll dadurch die Geborgenheit spüren, die es im ebenfalls beengten Mutterleib (in einer Gebärmutter ist ja nun mal nicht wesentlich mehr Platz, als für das Baby erforderlich ist) erfahren hat. Durch die Wärme und Begrenzung soll sich das Baby leichter beruhigen lassen. Dafür gibt es eine spezielle Wickeltechnik. Pucken bei Babys ist umstritten, da es die Nerven abdrücken kann und die Atmung erschweren kann, wenn es zu fest eingewickelt ist. Außerdem kann es zu Hüftschäden führen.

Pucken funktioniert allerdings auch bei Erwachsenen. Das feste einwickeln, die Begrenzung des Körpers fühlt sich auch an wie eine feste Umarmung. Die mögen die meisten erwachsenen Menschen ja auch, bzw. hilft es ihnen, sich zu beruhigen oder zu entspannen. Ich vermute, dass im Gehirn das Gefühl von früher immer noch abgerufen werden kann, wenn man es simuliert. Das Gute beim pucken von Erwachsenen ist natürlich, dass es wesentlich weniger gefährlich ist. Man kann sich zum Beispiel in eine Bettdecke einrollen lassen und wenn es einem zu viel wird, ist es möglich, sich selbstständig wieder auszurollen. Bzw. kann man es auch mit Leinentüchern oder ähnlichem machen, dann kann man sich möglicherweise nicht selbst "befreien", aber die meisten Erwachsenen können sprechen - Babys logischerweise nicht. Ein Erwachsener kann also sagen: "So jetzt ist es genug, jetzt möchte ich wieder ausgerollt/ausgewickelt werden!", wenn es zu viel wird. Dadurch ist die Gefahr, dass es irgendwelche negativen Konsequenzen hat, so gut wie ausgeschlossen.

Was bringt das pucken?

Dasselbe wie beim Baby. Das Gefühl soll Sicherheit und Geborgenheit vermitteln und sorgt zusätzlich dafür, dass man sich recht gut beruhigen kann. Wenn ich ins Bett gehe und es ein langer anstrengender Tag war, pucke ich mich manchmal in einer abgeschwächten Form selbst, indem ich die Bettdecke richtig eng um den Körper schlinge. Durch die Begrenzung kann man seinen Körper außerdem besser spüren. Bei jüngeren Kindern kann das auch bei beginnenden Wutanfällen (vielleicht nicht gerade Meltdowns, denn da ist es möglicherweise ein zusätzlicher Reiz, den es zu vermeiden gilt) helfen. Wenn die Emotionen überkochen, werden manche Kinder gern von ihren Eltern oder Bezugspersonen gehalten, weil sie das Gefühl haben, dass ihnen alles irgendwie entgleitet. Viele autistische Kinder werden aber nun nicht gerne berührt. Hier kann das pucken helfen. Wenn man das Kind also (mit Absprache!!) in eine Bettdecke einwickelt, vielleicht das Zimmer abdunkelt und bei ihm bleibt, kann das Kind in sicherem Rahmen seine Gefühle ausleben, beruhigt sich aber höchstwahrscheinlich wesentlich schneller.

Probiert es doch einfach mal aus! Habt einen schönen Tag!
Anne

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