Aufreger der Woche - Eigenanteil für Therapien

Guten Tag!

Beim letzten Mal habe ich darüber geschrieben, woran man herausfinden kann, welche Therapien für einen selbst bzw. für das autistische Kind am geeignetsten wäre. Aktuell nehme ich selbst Physiotherapie und Ergotherapie in Anspruch. Grundsätzlich dürfen Hausärzte nur eine bestimmte Anzahl an Therapien verschreiben, weil sie ein gewisses Budget dafür haben. Wenn sie zu viele Rezepte für z. B. Physio- oder Ergotherapie verschreiben, müssen sie die überschüssigen Kosten zurückzahlen, weswegen sich die meisten Praxen damit eher zurückhalten. Im Heilmittelkatalog der Krankenkassen sind allerdings Diagnosen aufgelistet, bei denen bestimmte Behandlungen als Dauerverordnung verschrieben werden können - bei diesen Diagnosen geht das Rezept quasi nicht von dem Budget der Hausärzte ab, weil die Krankenkassen eingesehen haben, dass bei diesen Diagnosen eine längerfristige Unterstützung durch diese Therapien sinnvoll ist. 

Bei Autismus (Asperger-Syndrom, Atypischer Autismus und Frühkindlicher Autismus) wäre eine Dauerverordnung für:

  • Ergotherapie
  • Physiotherapie
  • Logopädie
möglich. Sie können quasi ein Leben lang verschrieben werden, ohne dass es den Hausärzten vom Budget abgezogen wird. Ich habe meine Hausärztin gebeten, mir Physiotherapie als Dauerverordnung zu verschreiben, weil ich bereits durch Einzelrezepte mit Manueller Therapie bemerkt habe, dass ich anschließend meinen Körper besser wahrnehme. Meine Hausärztin hat daraufhin vorgeschlagen, dass ich doch auch Ergotherapie mal ausprobieren könnte, woraufhin ich für beides ein Rezept bekommen habe. 

Gestern hat mir mein Ergotherapeut mitgeteilt, welchen Eigenanteil ich für die Ergotherapie leisten muss, und zwar bei 6 Einheiten über 50,00 €. Ich habe gedacht, ich spinne. Wie abartig ist das bitte? Die Krankenkassen haben durch die Aufnahme in den Heilmittelkatalog eingesehen, dass die Ergotherapie bei Autismus durchaus sinnvoll ist und trotzdem muss man so einen krassen Eigenanteil bezahlen. Das ist nicht für ein halbes Jahr - nein! Es ist für SECHS Einheiten! Bei diesen Kosten ist doch die Möglichkeit der Dauerverordnung der reinste Scherz! Ich kenne nicht viele Menschen, die bereit sind, alle 2 Monate (spätestens) 50 € für eine medizinische Behandlung auszugeben. Ja, die Therapie ist für viele wirklich hilfreich, aber man stelle sich nur mal vor, dass man die Dauerverordnung wirklich nutzt, weil man die Ergotherapie dauerhaft braucht - nur mal für ein Jahr gerechnet, kommen damit ungefähr 450 € im Jahr zusammen, die man nur für Ergotherapie ausgibt - und da rechne ich mal nur mit einer Behandlung pro Woche, sonst würde es noch mehr kosten. Und da sind zusätzliche Therapien wie Physiotherapie oder irgendwelche Medikamente noch lange nicht drin.

Wie kann das sein, dass es Menschen, die diese Behandlung wirklich benötigen - und bei Autismus scheint es ja sinnvoll zu sein, sonst wäre er ja im Heilmittelkatalog nicht als Diagnose aufgeführt, so schwer gemacht wird, Ihnen zustehende Unterstützung in Anspruch zu nehmen?? Ich könnte mir das grundsätzlich leisten vom Gehalt her, es gibt aber logischerweise auch Menschen, die wesentlich weniger Geld verdienen - wie sollen die monatlich mind. 70 € (wenn man mal davon ausgeht, dass sie Ergo- und Physiotherapie in Anspruch nehmen) berappen? Manche Arbeitnehmer kommen gerade mal so mit ihrem Geld hin - da wäre 1x wöchentlich Ergotherapie überhaupt nicht drin, auch wenn sie es brauchen würden!!  Das geht überhaupt nicht!! Gerade wenn die Diagnose im Heilmittelkatalog aufgelistet ist, sollte der Eigenanteil auf ein Minimum reduziert werden! Alles andere ist wirklich der reinste Scherz. 

So wie es jetzt ist, nehmen garantiert dutzende Patienten diese Möglichkeit der Unterstützung nicht in Anspruch, weil sie finanziell nicht dazu in der Lage sind. Aber auch ich, die mir die Therapie finanziell leisten könnte, überlege ernsthaft, ob ich mir ein Folgerezept für die Ergotherapie hole. Ja, sie scheint mir zu helfen, aber mal zum Vergleich: für 60,00 € kann ich einen Monat lang Straßenbahn/Bus/S-Bahn im MDV-Gebiet fahren, bis mir schlecht wird und kann am Wochenende sowie wochentags ab 17:00 Uhr immer noch einen Menschen mitnehmen und sogar die Karte übertragen. Bei der Ergotherapie erhalte ich sechs Behandlungen für 50,00 €. Das ist einfach krank.

Wie seht ihr den Eigenanteil für die Therapien? Empfindet ihr ihn als gerechtfertigt oder sollte sich dringend etwas ändern?

Das war der Aufreger der Woche. Ich wünsche euch ein schönes Wochenende!
Anne

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