Vorschläge für Time-Out-Room für Autisten

Guten Tag!

Ich hoffe ihr hattet ein schönes Wochenende. Letzten Samstag hatte ich euch über das Konzept "Time Out" und die verschiedenen Auslegungen in den unterschiedlichen
 Bereichen berichtet. Heute möchte ich Tipps geben, wie ein Time-Out-Room speziell für Autisten gestaltet/ausgestattet sein könnte. Dabei möchte ich mitnichten nur Betreuer von Wohneinrichtungen ansprechen, sondern auch Autisten oder Angehörige von Autisten. Denn auch in einem privaten Haushalt lässt sich mit wenigen Handgriffen eine persönliche Ruhezone erschaffen.

Mein eigener Time-Out-Room

Ich selber wohne in einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus. In meiner Wohnung wäre kein Platz für einen extra Time-Out-Room. Ich habe aber dennoch einen - mein Kellerabteil. Dort ziehe ich mich zurück, wenn ich den Eindruck habe, dass ein Meltdown auftreten könnte oder wenn ich einfach in Ruhe nachdenken möchte, bzw. mich von sämtlichen Reizen der Außenwelt abschotten möchte. Bekannte von mir haben mir einen Autositz geschenkt, der dient als gemütliche Sitzgelegenheit, wenn ich möchte kann ich meine Tür anlehnen, dann bin ich wirklich fast komplett alleine. Weiterhin hängt dort ein Boxsack inklusive Boxhandschuhe (Safety First). Außerdem habe ich drei Eimer unten stehen (einer mit Sand, einer in denen ich den Sand reinsiebe und einen wo die Steine drin landen - ich siebe Vogelsand durch.) Sand sieben ist für mich DIE Entspannung schlechthin. Ich liebe dieses Gefühl von Sand auf der Haut. Meistens nehme ich mir noch Musik und mein Handy mit in den Keller (ich habe WLAN von oben, meine Wohnung ist direkt oben drüber) und ich habe Wasser unten. Zu guter Letzt sind da noch Fotoalben, die ich mir anschauen kann, wenn ich mich ablenken möchte. Der Keller ist für mich eine absolute Entspannungsoase. Unten kann ich viel besser grübeln und bin auch nicht in der Gefahr mich bei einem Meltdown durch einen unüberlegten Schlag gegen die Wand zu verletzen - es ist ja der Boxsack da. Wenn ich aufgewühlt bin, fühle ich mich in meinem Keller tatsächlich am sichersten und werde dort auch am allerschnellsten wieder ruhig. Ihr seht: man braucht gar nicht viel Platz um sich einen guten Rückzugsort zu basteln. Man muss nur schauen: was braucht derjenige, welche Bedürfnisse hat er, was beruhigt?

Ideen für einen Time-Out-Room
  • Möglichkeit der Verdunklung des Raumes (Dunkelheit bedeutet automatisch Reizeindämmung, gut wenn der Tag extrem anstrengend war.)
  • gemütliche Sitzgelegenheit (im Optimalfall ist auch eine Liegemöglichkeit im Raum)
  • beruhigende Materialien (z. B. Stimmingspielzeug, Sand oder Bohnen zum Fühlen, Wasserschale für ein entspannendes Fußbad oder zum spielen mit den Händen, Sensorische Dinge wie z. B. Noppenunterlagen aus Gummi - gibt es im Therapiebedarf, schwere Decke, Sandsäckchen, etc.)
  • Stifte und Papier zum Malen (ist eine super Möglichkeit um aufgestaute Gefühle rauszulassen)
  • Möglichkeiten zum Aggressionsabbau (z. B. Kissen, im besten Fall ein Boxsack/Punchingball)
  • Buch für begleitende Person
  • bei nicht-sprechenden Autisten übliches Kommunikationsmaterial (z. B. Talker, Zettel und Stift, Kommunikationskarten)
  • Musik/Hörspiele (muss man ja nicht anmachen, wenn kein Bedarf besteht, aber ich denke die Möglichkeit ist nicht schlecht)
Wichtig ist, dass der Raum nicht mit Materialien überfüllt ist. Ich liefere hier nur Ideen, womit man den Raum ausstatten könnte. Ihr müsst gemeinsam mit dem Autisten überlegen, was er benötigt, um sich beruhigen zu können. 

Was wäre noch wichtig zu beachten?

Der Autist sollte niemals zur Strafe in diesen Raum geschickt werden - der Trick an dem Konzept ist, dass es auf absoluter Freiwilligkeit beruht und er gern rein geht. Nur wenn er sich in dem Raum wirklich sicher fühlt und gern dort drin ist, bringt die Auszeit auch etwas. Außerdem sollte der Autist entscheiden, wie lange er in diesem Raum verbringen möchte. In der Regel können wir selber richtig gut einschätzen, wenn wir uns wieder beruhigt haben, ihr müsst da eigentlich gar nicht intervenieren. Ich empfehle außerdem noch Bildkarten, mit denen der Autist ausdrücken kann, ob er gerade Begleitung wünscht, oder ob er lieber für sich allein da drin sein will. Denn auch das kann von Situation zu Situation unterschiedlich sein. 

Falls ein Punchingball/Boxsack eingesetzt wird, muss vorher natürlich die Regel vereinbart werden, dass er niemals ohne Boxhandschuhe bearbeitet werden darf, und nur Arme und Beine - niemals Kopf. Hier darf man auch ruhig konsequent bleiben. Wenn der Autist sich nicht an die Regel hält, kommt der Boxsack raus. So lange bis er verspricht, sich an die Regel zu halten und es auch tut. Egal wie stark der Meltdown ist: kein Boxsack ohne Boxhandschuhe. Die Verletzungsgefahr ist andererseits viel zu groß. 

Vielleicht habt ihr ja für euch ein paar Ideen mitnehmen können. Probiert gerne aus.
Habt einen schönen Tag!
Anne

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