Momente - wenn Feiertage ganz normale Tage sind

Hallo!

Gestern war der 03.10. - der Tag der Deutschen Einheit. (Ich schreibe die Blogbeiträge in der Regel vor.) Zufälligerweise ein Sonntag. Dieses Jahr ist es ja allgemein so, dass die Feiertage größtenteils aufs Wochenende fallen, aber in manch anderem Jahr hatten wir ja auch schon Glück. :-) Um letztere Feiertage geht es heute in diesem Beitrag.

Als Jugendliche erlebte ich das Phänomen, dass vermutlich auch viele Neurotypen erleben: ich stand am Feiertag vor dem Supermarkt und habe mich geärgert, dass er zu hatte. Wenn der Feiertag natürlich auf einen Samstag gefallen ist, kann das natürlich schon mal passieren, dass man ihn vergisst. Es ist ja ohnehin frei. Wenn der Feiertag allerdings an einem Wochentag ist, sollte einem schon mal auffallen, dass da was faul ist. 😅 Ist mir aber nicht aufgefallen... Ich habe mich nie damit beschäftigt, warum ich schulfrei habe. Und selbst wenn ich wusste, dass Feiertag ist, habe ich das nicht automatisch damit verknüpft, dass an einem solchen Tag die Läden zu haben. Also grundsätzlich wusste ich das, aber es war eben nicht so gespeichert, dass ich es an dem Tag auch gewusst hätte, dass ich nicht los laufen muss. Es konnte auch passieren, dass ich zum Sonntag in den Supermarkt oder zum shoppen wollte. Feiertage und Sonntage waren für mich ein Tag wie jeder andere, nur dass ich eben zu Hause und nicht in der Schule war. Ich habe mich einfach nicht damit auseinandergesetzt.

Am Anfang hat meine Mama mich immer noch davon abgehalten, sinnlos zum Supermarkt zu rennen. Dann habe ich mich geärgert, weil das meinen Plan ruiniert hat. Zumindest war es aber nicht vergeudete Zeit. Das hat aber leider nicht dazu geführt, dass sich das bei mir eingeprägt hatte. Bei fast jedem Mal durfte sie von neuem ihr Sprüchlein bringen: "Wir haben Feiertag (meist hat sie ihn mir genannt), da haben die Läden zu!" Also hat meine Mutti irgendwann beschlossen: Lernen durch eigene Erfahrung. Von dem Tag an hat sie eisern den Mund gehalten, wenn ich beschlossen hatte, am Feiertag/Sonntag mal wieder auf Shoppingtour zu gehen. Zugegeben, am Anfang war ich ziemlich sauer, dass sie nix gesagt hat. Denn das bedeutete ja, dass mein Ursprungsplan nicht aufgegangen ist und in der Regel hatte ich auch keine Alternatividee, was ich stattdessen tun könnte. Bei AutistInnen ist es grundsätzlich nie gut, wenn es eine Planänderung gibt. Wisst ihr ja vermutlich. Ich bin auch jedes Mal ausgerastet, weil ich aus dem Konzept gebracht wurde. Mama hat mich dann natürlich wieder beruhigt und mit mir ausgewertet, warum das so gekommen ist und mir immer wieder eingebläut: "Guck auf den Kalender!" So böse wie ich das auch fand - diese Erziehungsmethode hat aber Wirkung gezeigt. Ich bin ungefähr 3 Mal umsonst losgelaufen, danach habe ich angefangen darauf zu achten, welchen Tag wir gerade haben und wann Feiertage sind. Ich hatte den Sinn und Zweck eines Kalenders am eigenen Leib erfahren. 

Liebe Eltern/Betreuer/Lehrer eines Autisten - wenn ihr das Gefühl habt, dass reden nicht hilft, weil der Autist gewisse Dinge einfach nicht versteht, probiert einfach mal aus, ihn machen zu lassen. Natürlich nur, wenn es ihn nicht in Gefahr bringt, dann solltet ihr natürlich unbedingt wie gewohnt intervenieren. Aber gerade wenn es nur darum geht Verknüpfungen zwischen verschiedenen Dingen zu erschaffen, hilft Lernen durch Erfahrung teilweise mehr, als wenn man uns immer davon abhält. Ja, das ist unangenehm für uns, aber wir können das in der Regel aushalten. Vertraut uns. 

Habt einen schönen Tag!
Anne

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