Halloween - Special: dabei sein ist alles?!

Hallo!

Morgen ist Reformationstag - oder aber auch Halloween!  Der Tag aller Tage für alle Kinder, die total auf gruselige Dinge stehen bzw. hauptsächlich natürlich auch auf Süßigkeiten. 😉 

Für viele Kinder ist es natürlich ein riesiges Highlight sich einmal im Jahr (außer zu Fasching) so richtig gruselig zu verkleiden und im Dunkeln durch den Ort zu ziehen um Süßigkeiten von den umliegenden Bewohnern zu ergaunern. (Bitte nehmt das Wort "gaunern" nicht übel, zu Halloween ist es ja durchaus normal, dass die Kinder von Haus zu Haus ziehen und dort gegen den klassischen "Süßes sonst gibt´s Saures" - Spruch um Süßigkeiten bitten, und die meisten Erwachsenen geben das natürlich auch gerne. Es ist einfach das erste Wort, was mir diesbezüglich eingefallen ist. Denn im Prinzip drohen sie ja spielerisch an, dass sie einen Streich verüben werden, wenn sie nichts süßes bekommen. Mit dem Süßkram sollen die Geister ja besänftigt werden!)

Selbstverständlich bleibt dieser Brauch auch autistischen Kindern (und Jugendlichen) nicht verborgen. Vielleicht gruseln sie sich wenn sie klein sind noch davor, aber irgendwann kommt ganz sicher das Alter, wo sie es einfach nur noch extrem spannend finden, mit ihren Freunden gruselig verkleidet durch die dunklen Straßen zu laufen und sich so seinen Süßigkeitenvorrat aufzubessern. Oder sie wollen mit dem älteren Geschwisterkind mitgehen. Nun werden sich einige Eltern aber unsicher sein, ob das wirklich eine gute Idee ist, das autistische Kind mit seinen älteren Geschwistern oder den Freunden auf dieses Abenteuer zu schicken. Es kann ja gerade auch autismusbedingt einiges schief gehen... Um diese Entscheidungsfindung zu vereinfachen, möchte ich heute in diesem Halloween-Special auf die Besonderheiten eingehen, die durch den Autismus auftreten könnten und wie man damit umgehen kann.

Die anderen Kinder sehen völlig fremd aus...

Extra zum Halloween-Special gibt es die Überschriften heute mal nicht im üblichen grün, sondern im saftigen Kürbisorange, was übrigens für mich nach einer Orange schmeckt. :) Zu Halloween ist es Brauch, dass sich die Kinder verkleiden, sie wollen als Gespenster, Hexen, Zauberer, Monster, etc. mächtig Eindruck schinden und verwenden unter anderem auch Masken, wodurch die Gesichter nicht mehr zu erkennen sind. Das kann das autistische Kind beunruhigen bzw. irritieren, denn die Freunde sehen nicht so aus wie immer. Hier könnte man folgende Dinge machen:

- Die Verkleidungsaktion findet gemeinsam statt. So kann das aut. Kind mitverfolgen, dass diese Gestalt vor ihr immer noch ihr gewohnter Freund ist und einfach nur durch Schminke und Kostüm verändert wird. Es kann auch helfen, wenn man sich dann gemeinsam wieder in den "Alten" zurückverwandelt. Vielleicht ist es erforderlich, das Vorgehen zusätzlich zu erklären.

- Es kann helfen, wenn man die autistischen Kinder darauf vorbereitet, dass zu Halloween viele Kinder verkleidet sind, dass das aber alles nicht echt ist, sondern nur ein Kostüm. Und natürlich erklären, warum das gemacht wird. 

- Man kann Namensschilder mit Klebeband an dem Kostüm anbringen, falls das Kind Probleme hat, die anderen in ihrem Kostüm zu erkennen. 

- Man legt mit den anderen Eltern gemeinsame Standarts fest, wie stark verändert die Kinder losziehen dürfen. Natürlich hängt das immer von dem guten Willen der Eltern der nichtautistischen Kinder ab, ob sie sich darauf einlassen.

Die Deko kann irritieren und gruseln.

Auch hier hilft natürlich ein klärendes Gespräch im Vorhinein. Vielleicht kann man schon im Hellen am Nachmittag im Ort entlang gehen und gemeinsam anschauen, wie es voraussichtlich abends aussehen wird. Im Hellen erkennt man schließlich auch viel leichter, dass die Spinne nur aus Plastik ist, als wenn es stockdunkel ist und sie auch noch gruselig angeleuchtet wird. Vielleicht ist es allgemein eine gute Lösung, die Tour bereits am Nachmittag zu machen, wenn es noch hell ist. Sicher, es ist vielleicht nicht so schön gruselig - aber: es sind noch wesentlich weniger fremde Kinder unterwegs, vor der sich das Kind erschrecken könnte bzw. die einen zu starken Krach machen und das Kind vielleicht in einen Overload bringen, und die Deko wirkt ebenfalls nicht sooo beängstigend. Aber das muss man natürlich individuell entscheiden.

Das Kind könnte von den vielen Eindrücken in einen Overload rutschen.

Ja, diese Möglichkeit besteht natürlich. Die Freunde und anderen Kinder die unterwegs sind, sehen alle verändert und vielleicht auch ein bisschen gruselig aus, die Kinder schreien alle durcheinander wenn sie vor einer Haustür stehen ("SÜÜÜÜÜÜÜSSES SOOOOOONST GIIIIIBTS SAAAAUREEEEEESS!") Jeder der sich schon mal entschlossen hat, den Kindern zu Halloween die Tür aufzumachen, kennt diese Lautstärke die einem entgegenspringt, wenn man öffnet. Mehrmals hintereinander kann das bisweilen für ein autistisches Kind schon ziemlich anstrengend werden. Dazu die Aufregung... Dann ist es ein vollkommen fremder Ablauf des Abends... (Wie oft im Jahr verkleidet man sich wenn es bereits dunkel ist und geht dann auf Süßigkeitenjagd??) Ja, ich gebe zu, das kann für autistische Kinder zu viel werden. Aber auch hier kann man vorbeugen. 

- Sprecht mit dem Kind in möglichst vielen Einzelheiten den Verlauf des Abends ab und erklärt, wie der Ausflug ungefähr vonstatten geht. Was es erwartet, etc. Vielleicht macht ihr eine Social Story oder ihr beschäftigt euch allgemein vorher intensiv mit dem Brauch. Je mehr Vorwissen das autistische Kind hat, desto besser kann es mit den vielen Eindrücken umgehen.

- Es sollte in jedem Fall mehrere erwachsene Begleitpersonen mitgehen. Eine Begleitperson um sicherzustellen, dass das autistische Kind jederzeit abbrechen kann, wenn es ihm zu viel werden sollte und die andere, damit die restliche Gruppe nicht unbeaufsichtigt ist. Ohne eine Begleitperson würde ich (außer es handelt sich jetzt nicht um ein Hundert-Seelen-Dorf wie das in dem ich aufgewachsen bin, wo jeder jeden kennt und auf jeden aufpasst) ein autistisches Kind (und eigentlich auch neurotypische Kinder) niemals auf eine solche Tour schicken, da man nie wissen kann, wie das Kind auf die verschiedenen Eindrücke reagiert.

- Vorher sollte mit dem Kind abgesprochen werden, dass es jederzeit abbrechen kann, wenn es sich in der Situation nicht mehr wohlfühlt oder von irgendetwas beunruhigt ist. Es sollte natürlich selbstverständlich sein, dass der Rest der Gruppe dann weiter für das Kind mit sammelt. 

- Gehörschutz kann die lauten Stimmen erträglicher machen.

Man sollte auch autistische Kinder nicht in Watte packen und ihnen den Spaß verderben.

Natürlich ist es von Kind zu Kind unterschiedlich - auch manche neurotypische Kinder mögen Halloween nicht, genauso wird es auch einigen autistischen Kindern gehen. Hier geht es natürlich immer vor, die Bedürfnisse und Wünsche des Kindes zu berücksichtigen. Wenn der autistische 10-jährige ganz klar sagt, dass ihm das alles zu viel ist und dass er das auf gar keinen Fall mitmachen möchte, weil ihn das gruselt, dann ist natürlich glasklar, dass man ihn nicht dazu zwingt. Dann bleibt er zu Hause und macht eine andere schöne Aktivität, die ihm gut tut. Vielleicht gemeinsam einen Film schauen. Wenn das autistische Kind aber motiviert ist und unbedingt mit seinem Geschwisterkind oder seinen Freunden mitmachen will, dann sollte man ihm das auch nicht verwehren. 

Denn auch wenn eine Menge schief laufen kann: das meiste kann man durch ausreichende Vorbereitung und Gespräche gut abfedern oder verhindern bzw. ist es ja in aller Regel jederzeit möglich, den Versuch abzubrechen und es vielleicht ein Jahr später wieder zu versuchen (wenn es vom Kind gewünscht ist). Man muss lediglich vorher darüber nachdenken, was alles bedacht werden muss bzw. das Kind fragen, was es braucht um sich sicher zu fühlen. Es ist für viele Kinder ein solch spannendes und tolles Erlebnis, mit den Freunden/Geschwistern durch die dunklen Straßen zu ziehen, dass es eigentlich gerade zu ungerecht wäre, es nur wegen dem Autismus in Watte packen zu wollen um es vor unangenehmen Erfahrungen zu behüten, und ihm dieses Abenteuer zu verwehren. Die Freude lässt das Kind meistens sogar die schwierigen Reize vergessen/ausblenden. Mir hat es als Kind jedes Jahr einen solchen Spaß gemacht und ich hatte hinterher auch nie eine Reizüberflutung. Wagt es einfach - es kann eigentlich nichts passieren, das so schlimm ist, dass man es nicht wenigstens versuchen könnte. 

Habt Mut, traut eurem Kind zu, dass es weiß, was es schafft und genießt das Strahlen in den Augen eurer Kiddies!

Anne 









Quelle Bild: https://www.augsburger-allgemeine.de/panorama/31-Oktober-Gruselfest-Welche-Bedeutung-hat-Halloween-id31854962.html 

Kommentare