Autismus und Delfintherapie

Guten Tag!

Heute geht es mal wieder um Therapiemethoden bei Autismus-Spektrums-Störungen. Zugegeben: die Delfintherapie ist jetzt nicht die erste Wahl, wenn man darüber nachdenkt, wie man sein autistisches Kind fördern kann. Es gibt allerdings auch Familien, die bereits zahlreiche unterschiedliche Therapien probiert haben, aber leider keine Verbesserung feststellen konnten. Da die Delfintherapie bei autistischen Kindern zum Teil schon positive Effekte hatte, kann ich nachvollziehen, dass man diese Möglichkeit in solchen Fällen in Betracht zieht. Aus diesem Grund möchte ich heute mal eine Grundübersicht über diese Therapieform geben. 

Kosten einer Delfintherapie

Die immensen Kosten einer Delfintherapie werden vermutlich der Hauptgrund sein, weswegen nur wenige Familien diese Therapie in Betracht ziehen. Sie kostet in der Regel zwischen 5000 € - 10.000 €. Dabei handelt es sich allerdings nur um die reinen Therapiekosten - die Reisekosten sind noch nicht einkalkuliert (ist ja auch davon abhängig, wo man die Therapie macht). Diese Kosten müssen die Familien leider selbst tragen, da sie von den Krankenkassen nicht übernommen werden. Grund dafür ist, dass es noch keine wissenschaftlichen Belege für die Wirksamkeit gibt. Die Therapie hat zweifelsohne positive Effekte, jedoch nicht in einem solchen Umfang, dass man sie wissenschaftlich nachweisen kann.

Wo kann man eine Delfintherapie machen?

Es gibt zahlreiche Orte an denen man eine Delfintherapie machen kann, ich nenne jetzt nur mal ein paar Beispiele:
  • Türkei
  • Florida
  • Niederländische Antillen
  • Ägypten
  • Nürnberg (Deutschland) 
Von Nürnberg war ich selbst überrascht, ich wusste nicht, dass man in Deutschland eine solche Therapie machen kann. Vorteil ist hier zusätzlich, dass die Kosten wesentlich geringer sind - hier kostet die Therapie nur 2500 €, was ja nun mal wesentlich billiger ist. Sie findet im Delphinarium des Nürnberger Zoos statt. Eine Unterkunft müssen sich die Familien selbst beschaffen und in der Regel werden Kinder im Alter von 5 - 10 Jahren behandelt.

Wie lange dauert eine Delfintherapie?

Hierzu habe ich verschiedene Angaben gefunden. Der Mindestaufenthalt beträgt offensichtlich 5 Tage (weniger habe ich eigentlich nirgendwo entdeckt und das macht vermutlich auch keinen Sinn). Die längste Dauer die ich gefunden habe waren 14 Tage, ich habe aber auch 10 Tage entdeckt. Also kann man grob zusammenfassen: eine Delfintherapie dauert in der Regel zwischen 5 Tagen und 2 Wochen. 

Auch die Dauer der einzelnen Therapieeinheiten schwankt. Meist dauert die reine Poolzeit ca. 30 min. Je nach individueller Entscheidung findet vorher aber Physiotherapie oder Ergotherapie statt, in der der Patient darauf vorbereitet wird, was er anschließend mit dem Delfin machen soll. Außerdem findet in der Regel eine Nachbehandlung statt, wo der Therapeut mit den Eltern bespricht, welche Fortschritte die Therapieeinheit gebracht hat. Insgesamt kann eine Therapieeinheit pro Tag also bis zu 2 Stunden dauern. Es handelt sich bei der Delfintherapie um eine Intensivtherapie.

Was soll eine Delfintherapie bewirken?
  • Steigerung der Konzentration
  • Förderung der Kontaktaufnahme und Kommunikation
  • Verbesserung des Selbstbewusstseins
  • Verbesserung der Körperwahrnehmung
  • Besserung von Koordination und Bewegungsabläufen
Der Delfin nimmt das Kind wie es ist - er interessiert sich nicht für die Behinderung, schon allein das führt zu einer Steigerung des Selbstbewusstseins. Außerdem nehmen die Patienten den Delfin als extreme Belohnung wahr und merken gar nicht, dass sie eigentlich gerade therapiert werden. Es macht ihnen riesigen Spaß mit dem freundlich aussehenden Säugetier in Kontakt zu treten, wodurch ihnen quasi die Motivation zum kommunizieren entlockt wird. Außerdem kann es sein, dass Körperkontakt nach der Delfintherapie wesentlich besser zugelassen wird, weil das Kind den körperlichen Kontakt zu dem Tier als sehr angenehm empfindet und das dann möglicherweise auch bei Bezugspersonen zulässt. 

Kritikpunkte an Delfintherapie

Die Delfintherapie ist extrem umstritten. Zum einen gibt es keine wirklichen Belege dafür, dass die Delfintherapie wirklich funktioniert. Meistens erleben die Kinder während einer solchen Therapie Fortschritte, aber gerade bei Autismus muss erwähnt werden: es ist keine Heilungsmethode. Der Autismus wird für immer bestehen bleiben, weil er nicht heilbar ist - daran kann auch ein Delfin oder ein fähiger Delfintherapeut nichts ändern. Es werden einzelne Teilbereiche besser, aber in welchem Umfang und wie lange die positiven Effekte anhalten, ist keinesfalls sichergestellt. Im Gegensatz dazu ist die Therapie aber mit massiven Kosten verbunden. Irgendwie unfair oder?

Zum anderen ist die Delfintherapie aber auch mit ziemlichen Qualen für das Tier verbunden. Therapiedelfine werden immer in Gefangenschaft gehalten - es wäre viel zu kompliziert, sie für die Therapiesitzungen jedes Mal einzufangen oder in Landnähe zu bringen. Bei den Fangaktionen werden sie aus ihren Familien gerissen - eine traumatische Situation für den Delfin der gefangen wird, aber auch für die restlichen Gruppenmitglieder. Delfine sind nicht dafür gemacht in Einzelhaltung zu leben - sie leben in der freien Natur mit Delfingruppen von dutzenden Delfinen zusammen. 

Weiterhin sind sie quasi permanent gestresst, weil sie einerseits unter extremen Bewegungsmangel leiden (sie schwimmen in der Gefangenschaft nur im Kreis, in der wirklichen Wildbahn schwimmen sie hunderte Kilometer am Tag und bis zu 500 m tief - ein krasser Unterschied oder?), aber auch ständig dazu gezwungen werden mit Menschen in intensivem Kontakt zu stehen. Man darf nicht vergessen - Delfine sind keine Haustiere - sie werden mit Medikamenten ruhig gestellt, um dieses Leben überhaupt zu ertragen! Sie sind den Kontakt zu Menschen nicht gewöhnt - auch wenn sie noch so sozial wirken. 

Fazit

Eine Delfintherapie kann durchaus positive Effekte auf Menschen mit Autismus und andere Krankheitsbilder haben. Es ist aber niemals sichergestellt wie gut sie im Einzelfall wirklich funktioniert. Außerdem ist sie sehr teuer und stellt meistens eine Tierquälerei dar. Ich kann aber durchaus verstehen, wenn Eltern diese Therapie als letztes Mittel sehen, um ihrem Kind zu helfen. Man muss eben im Einzelfall abwägen, ob die Kosten, der Aufwand und das Tierwohl gegenüber dem Nutzen für das Kind aufgewogen werden. Ich kann, will und werde niemanden dafür verurteilen, wenn er diese Therapie wahrnimmt - niemand weiß was diese Familien bereits durchlebt haben.

Habt einen schönen Tag.
Anne

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