Autismus und shoppen

Hallo!

Wie sieht es bei euch aus? Geht ihr gern shoppen oder hasst ihr es? Ich selber meide shoppen gehen, wann immer es mir möglich ist und ich kenne einige andere AutistInnen, die ebenfalls kein Fan von shoppen sind. Selbstverständlich gibt es auch unter AutistInnen Menschen, die super gern shoppen gehen und denen das totale Freude macht, genau wie es auch Neurotypen gibt, die shoppen hassen. Ich möchte dieses Thema aus autistischer Sicht beleuchten und erklären, warum es viele AutistInnen wirklich gar nicht mögen. 

Viele Menschen auf einem Haufen

Das war besonders vor Corona schlimm - meist haben sich in einem Klamottenladen wirklich sehr viele Menschen auf einem Haufen getummelt. Und das nervt einfach, denn viele Menschen sorgen erstens dafür, dass unser persönlicher Wohlfühlraum mitunter nicht eingehalten wird und zweitens, dass es recht wuselig wird. Viele Menschen sorgen für viele Geräusche, selbst wenn sie sich jetzt nicht brüllend unterhalten. Diese Kombination mit der in den meisten Läden im Hintergrund laufenden Musik sind einfach unglaublich anstrengend. Versteht mich nicht falsch - ich höre eigentlich nonstop Musik, sobald ich das Haus verlasse. Aber da kann ich wählen, in welcher Lautstärke und vor allem welche Songs. Wenn ich das wählen kann, ist es entspannend. Wenn mir die Musik aber übergeholfen wird, ohne dass ich einen Einfluss darauf habe, ist das tendenziell wirklich schwierig. In einem Klamottenladen ist es zudem meist nicht so einfach mit Kopfhörern rumzulaufen - gerade wenn man Oberteile/Pullover anprobiert, bleiben die ja dann unter Umständen hängen. Also ist man der Geräuschkulisse, die im Laden gerade vorherrscht, quasi ausgeliefert.

Ständiges Umziehen

Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber ich finde des Öfteren jetzt nicht unbedingt die perfekte Größe auf Anhieb. Das bedeutet, dass ich mich mehrfach an und ausziehen muss. Reguläre Hose aus, neue Hose an - reibt über die Haut, okay - passt jetzt nicht so optimal, Hose wieder aus, reguläre Hose an, neue Größe suchen, gleiches Spiel von vorne. Es herrscht quasi ständig Reibung auf der Haut, was ein zusätzlicher Reiz darstellt. Wenn man nun nicht gerade jemand hat, der einem die Klamotten bringt, muss man sich ja ständig wieder an- und ausziehen (je nachdem wie viele Kleidungsstücke man ausprobieren möchte). Zusätzlich kommt man dabei auch noch ins schwitzen - zusätzlicher Reiz. Ich hasse umziehen auch zu Hause schon, mir macht dieses ständige umziehen einfach überhaupt keinen Spaß. 

Man muss erst mal geeignete Kleidungsstücke finden

Gerade bei AutistInnen ist es immens wichtig, dass die Kleidung sich gut auf der Haut anfühlt und nicht kratzt, reibt, juckt, irgendwelchen unerwünschten Druck ausübt, da jeder überflüssige Reiz in Summe zu einer Reizüberflutung führen kann. Neurotypen kriegen das entweder gar nicht mit oder ihnen gefällt das Kleidungsstück so gut, dass sie es ignorieren oder in Kauf nehmen. Das geht bei vielen AutistInnen nicht. Die Kleidungsstücke müssen "perfekt" sein. So ein Kleidungsstück muss man aber erst einmal finden - und es sollte demjenigen natürlich auch noch gefallen, denn was nützt die angenehmste Hose, wenn sie einem überhaupt nicht gefällt? Leider sind viele Kleidungsstücke jetzt nicht unbedingt auf Bequemlichkeit ausgelegt, sondern eher auf guten Schnitt, Farbe, etc. Die Suche kann dementsprechend länger dauern oder sogar ganz scheitern. Würde euch shoppen dann noch Spaß machen, wenn ihr ganz oft leer ausgeht?

Diskussionen wie "Steht mir das?"

Ich habe es in dem Beitrag "Können Autisten lügen" schon mal angedeutet: so eine Frage ist an einen Autisten gerichtet in der Regel verschwendet. Wir achten tatsächlich eher darauf, ob das Kleidungsstück bequem sitzt und ob uns die Farbe gefällt. Darauf, wie es auf die Mitmenschen wirken könnte, legen wir in der Regel eher keinen Wert. Wir sind uns der Wirkung von Klamotten auf das Gegenüber jetzt nicht unbedingt bewusst, bzw. wissen wir es schon, aber es ist für uns irrelevant, weil wir bei anderen nicht darauf achten und es uns größtenteils egal ist. Solche Diskussionen gehen mir in der Regel auf den Keks. Die Kleidung muss bequem sein und eine schöne Farbe haben, der Rest ist mir so egal, dass ich auf diese Frage ohnehin keine sinnvolle Antwort habe. "Das macht dich blass..." So ein Blödsinn. Ich sehe doch nicht blass aus, nur weil ich eine bestimmte Farbe an habe - ich bin blass, wenn ich meinetwegen eine Magen-Darm-Grippe habe... Meines Erachtens sind solche Empfindungen die pure Einbildung und sollte beim Kauf keine Rolle spielen. 

Das wären so die Hauptgründe, weswegen ich überhaupt nicht gern shoppen gehe bzw. warum ich mir vorstellen könnte, dass auch andere AutistInnen damit Schwierigkeiten haben. Einfach weil es mit vielen Reizen verbunden ist, die gehäuft zu einer Reizüberflutung führen können. Und eine Reizüberflutung will niemand erleiden. Klar muss man sich ab und zu Klamotten kaufen. Aber dafür empfehle ich ehrlich gesagt, die Sachen online zu bestellen und zu Hause anzuprobieren, bzw. sie von einer anderen Person mitbringen zu lassen. So ist es wesentlich entspannter für alle Beteiligten. 

Habt einen schönen Tag.
Anne


Kommentare

  1. Ja, das mit dem online bestellen oder eine Auswahl kaufen und nach Hause bringen, das mache ich für meinen k
    Asperger Sohn auch meistens. Aber zum Schuhe kaufen muss er mit.
    Als er noch im Kindergarten war, hab ich, wenn möglich, Kleidung und Schuhe, die er mochte, gleich noch in der nächsten Größe gekauft. Dann mussten wir uns beide länger nicht kümmern und quälen.
    Vielen Dank für deinen Blog. Es ist sehr informativ und hilft mir im Alltag mein Kind besser zu verstehen.

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