Autismus und Schule - Probleme beim Schwimmunterricht

 Hallo ihr Lieben,

willkommen zurück! Wie beim letzten Mal schon angemerkt, gibt es einige Herausforderungen auf die Schüler im Autismus-Spektrum u. a. beim Sport- und Schwimmunterricht stoßen. Weil die Unterrichtsfächer zwar beide mit Bewegung in der Schule zu tun haben, aber grundverschieden sind, habe ich beschlossen, auch getrennt voneinander auf die Probleme einzugehen. Heute ist also schwimmen dran.

Ich bin eigentlich eine richtige Wasserratte - in meiner Freizeit gehe ich eigentlich unheimlich gern mit meiner Freundin in die Schwimmhalle (zumindest vor Corona), kann sehr gut schwimmen (habe sogar die Abzeichen Bronze und Silber freiwillig während der Kur gemacht) und bin aus der Badewanne kaum rauszukriegen. Und trotzdem mochte ich den Schwimmunterricht in der Schule nie. Da ich bis zur 10. Klasse jeden Mittwoch Schwimmen hatte, habe ich einen recht guten Erfahrungsschatz gewonnen, was vermutlich viele autistische Schüler an Schwimmunterricht so schwierig finden. 

Vor allem anstrengend war, dass zu viele Schüler auf einer Bahn geschwommen sind. Also fairerweise: es waren nur 3 oder 4, aber dennoch bedeutet das ein recht hohes Risiko, dass man sich gegenseitig anschwimmt und unfreiwillig berührt. Körperliche Berührungen, insbesondere solche, die man nicht vorhersehen kann, kommen bei Autisten grundsätzlich nicht gut an, zufällige erst Recht nicht. 

In manchen Schwimmhallen sind aus hygienischen Gründen Badekappen gefordert.  Die führen aber je nach Beschaffenheit zu einem wirklich unangenehmen spannenden Gefühl am Kopf. Aber auch ohne Badekappe ist schwimmen eine sehr reizintensive Angelegenheit, z. B. wenn nasse lange Haare, beim schwimmen im Gesicht kleben bleiben, wenn man nicht alle hundertprozentig im Zopf verfrachtet gekriegt hat. 

Außerdem tritt auch beim schwimmen das Problem auf, dass ich auch schon beim Sportunterricht angesprochen habe: wir können die Bewegungen, die uns vorgemacht werden nicht adäquat nachahmen. Noch dazu, weil der Schwimmlehrer in der Regel am Rand steht und die Bewegungen quasi nur andeuten kann, er ist ja nicht im Wasser! Hier braucht es eine enorme Geduld von Seiten der Schwimmlehrer/innen. Wenn wir aber immer wieder korrigiert werden, ist es irgendwann leider auch frustrierend. 

Das tiefe Wasser und das Gefühl dass man sich nirgendwo festhalten kann, sind ebenfalls schwierig. Selbst wenn man sehr gut schwimmen kann, bedeutet das noch lange nicht, dass man sich im tiefen Wasser auch sicher fühlt. Es fehlt irgendwie das Gefühl, dass man jederzeit aus dem Becken rauskommen kann, wenn man irgendein Problem haben sollte. 

Viele autistische Menschen haben kein gutes Zeitgefühl, das wird gerade beim Ausdauerschwimmen bemerkbar. Es fehlt schlichtweg der Überblick, wie lange man noch schwimmen muss. Dadurch fällt es schwerer, sich die Kraft sinnvoll einzuteilen und zu entscheiden, wie schnell man schwimmen kann, ohne das man die restliche Zeitspanne keine Kraft mehr hat. Dadurch entsteht ein gewisser Nachteil, gegenüber den Schülern, die ein normales Zeitgefühl haben. 

Und zu guter Letzt sind es die Nebenbedingungen, die den Schwimmunterricht schwierig gestalten. Die meisten Lehrer/Erzieher verlangen nach dem Schwimmen, dass die Haare geföhnt werden. Genau das ist aber für viele Autisten eine blanke Qual. Ich würde das immer mit glühender Kohle, die auf dem Kopf verteilt wird vergleichen. Dann ist der Temperaturunterschied vom kalten Wasser zu wenn man wieder in die Kleidung muss. (Und natürlich auch umgekehrt, z. B. von der warmen Kleidung/Dusche ins kalte Wasser). Manche Autisten haben eine Temperaturüber- oder unterempfindlichkeit. Das heißt, dass das Wasser im Schwimmbecken, sich mitunter deutlich kälter anfühlt, als es in Wirklichkeit ist. Und es ist nicht unbedingt vorhersehbar, was vor und nach dem Schwimmen passiert. Was ist ein geeigneter Ablauf um sich aufs schwimmen vorzubereiten? Wo soll der Badeanzug vor dem duschen abgelegt werden? Wann schließe ich den Spind? Was nehme ich mit in die Halle? 

Für die meisten dieser Schwierigkeiten gibt es aber teilweise denkbar einfache Lösungen. Dasselbe gilt natürlich auch für den Sportunterricht. Im letzten Beitrag dieser Reihe, werde ich diese dann nennen. Ihr werdet überrascht sein, wie einfach bei manchen Problemen Abhilfe geschaffen werden kann und so dafür gesorgt wird, dass Sport und Schwimmen für autistische Kinder (und auch neurotypische Kinder) wesentlich angenehmer wird. 

Bis dahin - Petri Heil! 🌊🏊
Anne 


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