Autismus in Filmen - Meine Meinung zu Filmen mit Autisten

 Hallo ihr Lieben,

willkommen zurück. Heute geht es mal wieder um meine Kategorie "Autismus in Filmen" und dieses Mal ganz konkret zu meiner Meinung über die Darstellung von Autismus in diesem Medium. Grundsätzlich muss ich sagen: die meisten Filme zu diesem Thema sind leider extrem unrealistisch. Folgende Kritikpunkte habe ich:

Es spielen in der Regel keine echten Autisten mit, sondern gewöhnliche Schauspieler.

Fairerweise muss ich sagen: ich kann das verstehen. Es wäre sowohl für die Autisten, als auch für das komplette Filmteam schwierig, einen solchen Dreh zu realisieren. Um auf die besonderen Bedürfnisse autistischer Menschen eingehen zu können, müsste man einen extremen planerischen Aufwand betreiben. Autisten hätten beim Dreh folgende Probleme: 

  • Es sind viel zu viele Menschen am Set. (Autisten haben extrem Schwierigkeiten mit Menschenmassen und zudem brauchen sie lange, um sich an neue Menschen zu gewöhnen.)
  • Die Maske würde Probleme bereiten. (Die meisten autistischen Menschen lassen sich nur ungern berühren. Vor einem Dreh wird man aber in der Regel geschminkt und frisiert, es würde quasi eine ganze Weile an einem herum gepuzzlet werden.)
  • Am Set ist es unmöglich konkreten Zeitplänen zu folgen. (Schon alleine wenn es bei Szenen Fehler gibt, müssen sie wiederholt werden, der Zeitplan gerät quasi immer mehr nach hinten. Autisten benötigen aber nach Möglichkeit relativ konkrete Ablaufpläne.)
  • In die Kamera gucken (Autisten fällt es schwer, Blickkontakt zu halten. Zwanghaft in die Kamera gucken zu müssen, könnte demzufolge auch zu Problemen führen.)
Das sind nur einige der Probleme, die mir einfallen würden. Natürlich ist das wie bei jedem anderen Menschen auch, individuell. Man müsste sich quasi immer wieder neu auf den jeweiligen Autisten einstellen. Dadurch, dass es aber keine echten Autisten sind, sind die Filme unrealistischer. Wenn die Schauspieler sich vorher nicht intensiv mit Autismus auseinandersetzen, spielen sie so, wie sie denken, dass Autisten sind. Das entspricht aber nicht immer dem realistischen Bild. 

Aus dramaturgischen Gründen wird oft extrem übertrieben. 

Das ist so ziemlich das schlimmste muss ich sagen. Natürlich sieht es witzig aus, wenn der Autist komplett um sich schlägt und komplett ausrastet, sobald er zufällig berührt wird. Selbstverständlich gibt es Autisten bei denen das so ist, aber im Regelfall entspricht das definitiv nicht der Realität. Wir mögen es in der Regel wirklich nicht, aber wir haben unsere Reaktionen doch ganz gut im Griff. Die meisten gehen ein Stück zur Seite und sagen vielleicht, dass sie nicht berührt werden möchten, eskalieren aber mitnichten. 

Autisten werden in Filmen immer irgendwie als kleine Tyrannen dargestellt, die komplett die Fassung verlieren, wenn ihre Pläne nicht hundertprozentig eingehalten werden können. Es wird so getan, als müsste wirklich alles nach ihrem Kopf gehen und sich die Angehörigen und Freunde vollkommen nach ihnen richten, wenn es nicht eskalieren soll. Das finde ich richtig blöd. So sind wir nicht!! Wir mögen es nicht, das ist richtig. Es kann uns auch aus dem Konzept bringen, aber wir können uns auch ein Stück weit anpassen. In der Regel ziehen wir uns eher in uns zurück, wenn irgendetwas anders läuft als wir es gewohnt sind. 

Es wird uns oft eine Inselbegabung angedichtet. Klar lässt sich das prima in einem Film verwenden, aber nur etwas mehr von 100 Menschen weltweit haben das Savant-Syndrom (die Krankheit, die für die Hochbegabung verantwortlich ist).

Es werden in der Regel nur die schwerer betroffenen Autisten dargestellt.

Die meisten Autisten die dargestellt werden, sind frühkindliche Autisten (auch Kanner-Autisten), Menschen die vom Savant-Syndrom betroffen sind oder stärker betroffene Asperger-Autisten. Ganz einfach, weil die leichter als Autisten zu erkennen sind. Es gibt aber auch genauso Autisten, die recht gut an ihre Umwelt angepasst sind, aber auch die haben autismusspezifische Probleme. Wenn immer nur die schwer betroffenen Autisten dargestellt werden, kommt vom Umfeld meist der Spruch "Du bist Autist? Das merkt man dir gar nicht an!" Ich fände es angenehmer, wenn auch autistische Menschen dargestellt werden würden, die auf den ersten Blick angepasster sind, aber auch Schwierigkeiten im Alltag haben. Dann würde sich das Bild von Autisten meines Erachtens irgendwie verändern. 

Was könnten Regisseure besser machen?

Ich würde mir wünschen, dass Regisseure sich vorher besser über das Thema Autismus informieren würden. Zum Beispiel könnten sie sich mit diagnostizierten Autisten, Angehörigen, Psychologen und Therapeuten sprechen und es dann wirklich so darstellen, wie dieses Störungsbild wirklich ist. Außerdem wäre wichtig, dass nicht so viele Klischees bedient werden würden. Das macht es richtigen Autisten im Alltag wirklich schwer. Zum Teil wird auch einfach grober bis gefährlicher Unsinn verbreitet. Gerade wenn ich an Etienne aus Fack Ju Göhte 2 denke, wo quasi behauptet wurde, dass Autisten ihre Abneigung gegen Berührungen verlieren können, wenn man sie nur oft genug dazu zwingt. NEIN! Das ist keine Lösung! Autismus ist nicht heilbar und wenn man Autisten zwingt, z. B. Berührungen auszuhalten, verbiegt man sie komplett und sorgt dafür, dass sie extremen Stress erleiden müssen. Stellt so was nicht dar - auch wenn es noch so witzig aussieht oder gut klingt. Informiert euch vorher!!!

Welche Autisten in Filmen finde ich am realistischsten? Oder wenigstens weitestgehend?  
  • Temperance Brannan (Bones) - zumindest glaube ich, dass sie autistisch ist. Ich finde, sie könnte eine gute Asperger-Autistin sein. Viele ihrer Eigenschaften passen sehr gut auf das Asperger-Syndrom.
  • Vanessa (Unsere Zeit ist Jetzt - Cro) - das ist wirklich gut gemacht. In manchen Fällen ist es ein bisschen übertrieben, die meiste Zeit wird sie aber sehr realistisch dargestellt.
  • Toni (Club der roten Bänder) - Manches ist überspitzt dargestellt, aber es trifft Autismus schon ganz gut. 
Mein Fazit zu Filmen mit autistischen Protagonisten: es besteht noch viel Verbesserungsbedarf. Um Aufklärung zu betreiben, kann man die meisten Filme definitiv vergessen, weil sie einfach unrealistisch oder übertrieben sind. Wenn ich bemerke, dass ein Autist dargestellt wird, sitze ich immer schon da und denke mir: naja, mal schauen wie viele Klischees wieder bedient werden. Grundsätzlich finde ich es aber schön, dass das Störungsbild mit in Filme integriert wird. 

Habt einen schönen Tag und macht was daraus.
Anne

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