Alles kann besser werden - Teil 1: Autismus und Messebesuche

 Hallo ihr Lieben, 

willkommen zurück. Der heutige Beitrag richtet sich hauptsächlich an Veranstalter von Messen (z. B. Buchmesse, Haus-Garten-Freizeit-Messe, Pferdemesse, etc.). Auch wenn Autistinnen und Autisten Menschenmassen nicht unbedingt bevorzugen, besuchen auch wir gern mal Messeveranstaltungen, besonders wenn sie sich mit einem Thema beschäftigen, was sich mit unserem Spezialinteresse deckt, oder das wir einfach hobbymäßig machen bzw. grundsätzlich interessant finden. 

Leider sind die Bedingungen, die wir auf Messen vorfinden, teilweise nicht gerade günstig für Menschen im Autismus-Spektrum. Warum ist das so? Ganz einfach - Autisten sind in der Bevölkerung eher in der Minderheit und so kommen Veranstalter mit dem Thema "Wie könnte ich die Messe angenehm für autistische Menschen machen" nicht unbedingt in Berührung. Ich möchte den Blog gern nutzen um Vorschläge zu machen, wie Messen mit wenigen Maßnahmen auch für autistische Menschen angenehmer gestaltet werden könnten - den wer meckert, muss auch Verbesserungsvorschläge bringen. :) Was könnte also helfen:

  • Rückzugsmöglichkeiten schaffen:
Der Besuch von Messen ist, wegen den vielen Menschen, Gerüchen und Geräuschen immer mit einer Menge Reizen verbunden. Zu viele Reize auf einmal sind grundsätzlich sehr anstrengend (auch für neurotypische Menschen). Bei autistischen Menschen können sie zu Reizüberflutung führen. Reizüberflutungen führen zu unterschiedlichen Symptomen: Kopfschmerzen, intensives Stressgefühl, Wut, leichte Orientierungslosigkeit. Grundsätzlich also ein Zustand, den es unbedingt zu vermeiden gilt. Eine Reizüberflutung ließe sich prima vermeiden, wenn es einen Rückzugsort geben würde. Messen sind in der Regel leider frei von sämtlichen Möglichkeiten sich irgendwo zurückzuziehen. Überall sind Menschen, Menschen und noch mal Menschen, egal wo man hingeht. Ein explizit ausgewiesener Raum, der nur für Menschen mit Autismus oder anderen Reizverarbeitungsstörungen würde es uns ermöglichen, uns zurückzuziehen bevor es zu einer Reizüberflutung kommt und später entspannter weiter zu machen. Was müsste so ein Raum beinhalten? Effektiv so wenig wie möglich:

- eine Sitzgelegenheit
- ggf. etwas zu trinken (gern aus dem Automat, muss nicht kostenlos sein)

Gern kann der Raum auch etwas dunkler sein. Mehr braucht es im Prinzip schon gar nicht. Einfach eine Möglichkeit sich kurz von den Menschenmassen zu erholen. Das wäre auch für Menschen mit anderen Einschränkungen wichtig, z. B. Menschen mit Panikstörungen oder so. 

  •  Information zu Tageszeiten, an denen statistisch gesehen nicht so viel los ist:
Je nachdem, wie viele Menschen auf einem Haufen sind, müssten aber gar keine besonderen Maßnahmen ergriffen werden, damit Autisten den Besuch ohne Reizüberflutung überstehen. Liebe Veranstalter - ihr habt doch garantiert einen Überblick darüber, wie viele Menschen sich im Durchschnitt zu welcher Tageszeit bei euch aufhalten. Uns könntet ihr mit diesen Informationen enorm helfen. Wenn es auf der Website eine entsprechende Rubrik geben würde, wann wie viel los ist, könnten sich Autisten gezielt die Tageszeiten für einen solchen Besuch raussuchen. Für euch nur minimaler Aufwand, für Autisten eine echte Hilfe. Noch schöner, wenn auch unrealistisch wären natürlich Zeiten wo nur Autisten und andere Menschen, die Schwierigkeiten mit Menschenmassen haben, die Messe besuchen könnten. 

  • eine bessere Struktur innerhalb der Hallen schaffen 
Es ist ein ziemliches Problem, dass innerhalb einer Halle so viel durcheinander gewürfelt ist. Zum Beispiel bei der Pferdemesse: Futter zwischen Trensen und Halftern, Streu neben den Angeboten zu Erlebnisreisen. Von allem mehreres, aber nichts sortiert und auf einen Punkt zentriert. Diese bunte Aufteilung macht es leider unmöglich, gezielt zu den Angebotsbereichen oder Informationsständen zu gehen, die einen wirklich interessieren. Man müsste deutlich weniger Zeit in den Menschenmassen verbringen, wenn man gezielt sagen könnte: in der rechten Hallenecke ist alles zu Pferdefutter, in der linken alles zu Sätteln und Ausrüstung die man zum reiten braucht, in der Mitte befinden sich gesammelt Informationen zu Angebote mit Erlebnisreisen, etc. Denn dann wäre es möglich, sich das herauszupicken, was einen wirklich interessiert. Aktuell muss man leider die ganze Halle durchkämmen, damit man wirklich nichts verpasst, das einen interessiert und verbringt entsprechend viel mehr Zeit. 

  • Wichtige Anlaufpunkte so platzieren, dass man nicht erst durch die Massen muss
 Auch bei diesem Punkt würde ich die Pferdemesse als Beispiel nehmen. Ich besuche sie nur, um die Turniere anzuschauen. Da die Reitfläche aber leider mitten in einer Halle ist, und nicht mal unbedingt erkennbar ist, in welcher Halle es stattfindet, muss ich mich erst mal durch mindestens eine Halle mit buntem Gewirr an Menschen und Reizen unterschiedlicher Art durchkämpfen und komme schon in gewisser Weise etwas angestrengt dort an, wo ich eigentlich hin will. Oder man möchte etwas essen/trinken. Auch das ist in der Regel mitten in der Halle verschieden verteilt. Das ist sinnvoll, wenn man ohnehin die ganze Halle durchkämmen will, weil man grundsätzlich an allem interessiert ist und einfach nur mal rumschlenkern will. Wenn man allerdings gezielt nur zu bestimmten Anlaufstellen (wie oben beschrieben) gehen möchte und sich danach stärken will, ist es wieder doof. Weil man so wieder gezwungen ist alles zu durchkämmen. Es wäre viel autistenfreundlicher, wenn zum Beispiel in einer Halle nur die Turniere stattfinden und in einer anderen Halle in einem Bereich zentriert alles platziert wäre, was mit dem leiblichen Wohl zu tun hat. In dem anderen Teil kann ja dann Kinderanimation oder Verkauf von Materialien für Pferde sein oder was auch immer. Aber eben so, dass man die Chance hat, die Massen zu umgehen. 

All das sind Dinge die meines Erachtens mit einem relativ geringen Aufwand machbar wären und den Messeaufenthalt für uns deutlich angenehmer gestalten würden. Vielleicht fühlt sich ja der eine oder andere Veranstalter durch diese Anregungen inspiriert und versucht, das eine oder andere umzusetzen. Wir würden uns riesig darüber freuen. 

An alle Autisten/Autistinnen die das hier lesen: welche Maßnahmen, die ich noch nicht aufgezählt habe, würden euch noch einfallen? Was würdet ihr euch wünschen? Schreibt es gern in die Kommentarfunktion. 

Habt einen schönen Tag, macht was draus und bis bald!
Anne


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