Social Storys

Guten Tag!

Die meisten Kinder lernen Verhaltensweisen, indem sie andere Kinder oder Erwachsene beobachten, ihr Verhalten analysieren und anschließend nachahmen. Außerdem können sie gemachte Erfahrungen meist recht gut auf andere Situationen übertragen und wissen beim nächsten Mal quasi was sie erwarten wird. Bei autistischen Menschen ist die Fähigkeit nicht so gut ausgeprägt, es fällt ihnen schwer Muster in bestimmten Situationen zu erkennen, wodurch für sie viele Situationen komplett neu sind, obwohl sie eine ähnliche bereits schon einmal erlebt haben. Heute möchte ich euch eine Methode vorstellen, mit der man autistischen Menschen besser vermitteln kann, was sie erwartet, bzw. welche Verhaltensweisen von ihnen erwartet werden - sogenannte Social Storys. 

Was sind Social Storys?

Diese Methode wurde 1990 von der Lehrerin Carol Gray entwickelt. Sie hatte mehrere autistische Schüler in ihrer Klasse und hat überlegt, was sie tun kann, um sie auf bestimmte schulische Situationen besser vorbereiten zu können. Dabei ist sie auf die Idee gekommen, sogenannte Soziale Geschichten zu schreiben. Wichtigste Idee dieser Methode ist, dass man kein Hintergrundwissen des Kindes voraussetzt, sondern überlegt, welche Informationen es benötigen könnte, damit es besser mit der komplexen Situation fertig wird. In einer sozialen Geschichte sollen folgende Informationen vermittelt werden:

- Wo findet die beschriebene Situation statt?
- Was kann dort passieren?
- Wie fühlt sich das möglicherweise an?
- Wie verhalte ich mich?
- Wer / Was kann mir helfen, gut in der Situation klar zu kommen?
- evtl. wie lange wird die Situation dauern? 

Wann kann eine Social Story angewendet werden?

Im Prinzip kann man die Methode immer dann anwenden, wenn eine neue Situation ansteht, insbesondere natürlich wenn es um einen bevorstehenden sozialen Kontext geht. Man kann den Menschen damit aber auch beibringen, selbstständiger zu werden. Ich habe eine Social Story gefunden, bei der einem Kind beigebracht wurde, wie es Geschirr abwäscht, die Hände sauber macht oder sich selber Cornflakes macht. Es gibt im Prinzip nichts, wofür man das Konzept nicht anwenden kann, man muss es nur entsprechend der Situation anpassen. Hier mal ein paar Beispiele wo sich Social Storys sehr gut eignen würden:

- Zahnarzttermin (wenn kein besonderer Anlass da ist, sondern nur kontrolliert werden soll)
- Verhalten bei Feueralarm in der Schule
- Was tue ich, wenn es an der Tür klingelt?

Bei sehr komplexen sozialen Situationen wie Hochzeiten, Geburtstagsfeiern, kann ich mir Social Storys nur schlecht vorstellen. Einfach weil es unmöglich ist, alle Informationen zu bedenken, die der autistische Mensch benötigt. Was allerdings geht, ist: wie läuft z. B. eine Trauung ab. Das ist ein begrenzter Bereich dieser Feier, der relativ gut planbar ist und bei dem man recht gut den Menschen darauf vorbereiten kann.

Was muss bei Social Storys beachtet werden?
  • keine Metaphern / Wortspiele benutzen - sie soll den Autisten entlasten und nicht zusätzlich verwirren!
  • Eine Social Story ist kein Regelwerk mit bunten Bildern. Man kann Autist: innen mit Social Storys Regeln bzw. erwünschtes Verhalten näher bringen, aber die Hauptaufgabe ist, ihm / ihr zu vermitteln, wann welches Verhalten sinnvoll ist. Bzw. wenn ein Verhalten in Situation A ungünstig ist, wann kann ich es stattdessen machen. Oder was kann ich tun, um ein bestimmtes Verhalten, dass gesellschaftlich eher nicht so anerkannt ist, zu unterlassen und trotzdem mein Bedürfnis zu erfüllen. Bei Social Storys geht es immer um Verständnisvermittlung.
  • In einer Social Story dürfen keine Strafen angedroht werden, die folgen würden, wenn das gewünschte Verhalten nicht umgesetzt wird. 
  • Bilder sind sinnvoll zur Verständnisunterstützung. Es ist aber wichtig, dass nicht nur irgendwelche Comicbildchen verwendet werden, einfach um Bilder einzufügen, mit denen der autistische Mensch aber gar nichts anfangen kann. Am allerbesten sind Fotos aus dem Alltag. Eine Social Story benötigt aber auch nicht zwingend Bilder, gerade erwachsene Autist: innen kommen auch mit reinem Text klar.
  • am besten leichte / einfache Sprache verwenden
  • In eine Social Story sollten nicht zu viele Sachverhalte reingepackt werden. Besser ist es, wenn man sich die Mühe macht und wirklich einzelne Situationen auswertet. Wenn man dem Kind also beibringen möchte: "Öffne nicht einfach die Tür!" sowie "Gehe nicht mit einem fremden Menschen mit!" sollte man diese Sachverhalte klar trennen und zwei verschiedene daraus machen.
  • Nicht zu viele Informationen verwenden. Es geht um einen groben, einfachen Überblick.

Fazit

Autistischen Menschen können Social Storys helfen, um bestimmte Situationen besser vorhersehen zu können, bzw. können sie genutzt werden, um zu verdeutlichen, wann welches Verhalten angemessen ist und wann eher nicht. Sie soll aber nicht als Regelwerk missbraucht werden, sondern tatsächlich ausschließlich eine Unterstützung für den autistischen Menschen sein. Beim erstellen einer Social Story muss eine Menge beachtet werden, damit sie für den Autisten auch wirklich hilfreich ist. Es kann daher sinnvoll sein, sich von Fachkräften dabei unterstützen zu lassen. Wie ist das bei euch? Habt ihr für eure Kinder / erwachsenen Autist: innen, die ihr begleitet schon einmal eine sogenannte Soziale Geschichte geschrieben und hat es für den Menschen gut funktioniert? Berichtet mir gerne davon!

Habt einen schönen Tag!
Anne

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