Tipps um die Quarantäne zu überstehen

Guten Tag!

Corona, Corona, Corona. Inzwischen kommt eigentlich niemand mehr an dem Thema vorbei. Seit 2019 herrscht die Pandemie vor und ist leider immer noch nicht vorbei. Und auch wenn es aktuell halbwegs im Griff ist, sind die Inzidenzzahlen wieder am Steigen. Viele Menschen sind inzwischen geimpft, aber eben noch nicht alle. Dafür gibt es vielerlei Gründe (Angst vor der Impfung, gesundheitliche Gründe, Alter, etc.). Ich möchte darüber keine Diskussion starten. Jeder muss für sich entscheiden, ob er sich impfen lassen möchte, ich bin zu hundert Prozent sicher, dass jeder der sich für oder gegen eine Impfung entscheidet, gute Gründe für diese Entscheidung hat. Ungeimpfte Menschen müssen sich allerdings in Quarantäne begeben, wenn sie Kontakt mit einer mit Corona infizierten Person hatten. Eine Quarantäne bedeutet in aller Regel, dass die Struktur durch Arbeit/Schule/Kindergarten verloren geht für diese Zeit, was für Menschen im Autismus-Spektrum sehr anstrengend und beunruhigend ist. Ich selbst bin noch nicht in Quarantäne gekommen, möchte aber heute versuchen Tipps zu geben, was man tun kann, damit die autistische Person die Quarantänezeit möglichst stressfrei übersteht.

1. Lieblingsessen auf Vorrat kaufen, schon vor der Quarantäne.

Zugegeben, der Tipp ist jetzt nicht ganz neu. Es wurde ja bereits am Anfang der Pandemie empfohlen, ein paar Lebensmittel auf Vorrat zu kaufen, damit man im Falle einer Quarantäne zunächst versorgt ist, ohne von anderen Menschen abhängig zu sein. Aber gerade wenn die autistische Person sehr eingeschränkt in der von ihr akzeptierten Nahrung ist und möglicherweise nur ganz bestimmte Produkte von nur wenigen Herstellern isst, kann das wirklich immens wichtig sein. Denn wenn Nachbarn oder Familienangehörige die nicht gerade zur Kernfamilie gehören, achten beim einkaufen vermutlich eher darauf, das Grundprodukt (also zum Beispiel Toastbrot) zu kaufen, weil sie möglicherweise nicht wissen, dass es explizit das Toastbrot mit der lila Verpackung von MeisterBack sein muss. (Ich hoffe, dass es diese Firma nicht gibt, ich wollte hier keine Werbung machen, sondern lediglich ein Beispiel bringen und wollte darum ein fiktives Produkt wählen!) Wenn sie also stattdessen Toastbrot von BackBack kaufen, kann es im ungünstigsten Fall sein, dass der Autist das Brot nicht anrührt. Nur ihr wisst, worauf es bei den Produkten wirklich ankommt, darum ist es am sinnvollsten, wenn ihr, sofern das Produkt haltbar ist, euch einen Vorrat vorher kauft und nicht anrührt, solange es nicht notwendig wird. Achtung: Ich möchte hier niemanden zu Hamsterkäufen animieren! Hamsterkäufe sind meines Erachtens inakzeptabel und unfair gegenüber allen anderen Menschen. Es geht wirklich nur um die Deckung des Bedarfs für den möglichen Zeitraum einer Quarantäne (+ vielleicht 1 Woche, wenn irgendwas schief geht). Kauft wirklich nur die Menge, die wirklich benötigt wird und übertreibt es nicht.

2. Filme von Spezialinteresse vorbereiten

Am schwierigsten für AutistInnen in der Quarantäne ist eigentlich, dass sie ihren Routinen und Spezialinteressen nicht nachgehen können, sondern in der Wohnung quasi eingesperrt sind. Hier gilt es Vorbereitungen zu treffen. Angenommen er beobachtet gern Züge in seiner Freizeit - das kann man ihm auch während einer Quarantäne ermöglichen, wenn man Vorbereitungen trifft. Ein paar Mal zum Bahnhof fahren und für ungefähr eine halbe Stunde ein- und ausfahrende Züge filmen. Wenn man das ein paar Mal macht, hat man genug Filmmaterial, dass sich die autistische Person in der Quarantäne dann anschauen kann. Das beruhigt ungemein und ermöglicht außerdem den Angehörigen, sich für eine gewisse Zeit mit ihren Dingen zu beschäftigen (wenn es sich um einen Autisten handelt, der einen intensiveren Betreuungsbedarf hat, wie z. B. frühkindliche Autisten). Oder man filmt z. B. Szenen aus der Schule und macht Fotos von Klassenkameraden/LehrerInnen, die man zum Beispiel während dem Lösen von Schulaufgaben abspielt - schon ist es fast, als wäre man direkt in der Schule. Ich hatte früher das Hobby Minigolf. Hier kann man z. B. Aufnahmen vom bespielen der einzelnen Bahnen machen. Minigolf kann man sogar in der Wohnung spielen! Man braucht nur ein bisschen Fantasie! Zwei Becher bieten sich super an, um den Ball durch eine Enge hindurch zu spielen. Ein umgekippter Becher dient als Ziel. Seid kreativ - Hindernisse lassen sich aus dutzenden Haushaltsgegenständen erschaffen. Man kann sich auch Bücher über die Spezialinteressen aus der Bibliothek ausleihen und "auf Halde" legen. Wichtig ist, dass der Autist sie nicht vorher bekommt, damit es in der Quarantäne dann auch wirklich ein neuer Anreiz ist, mit dem man sich beschäftigen kann. Wenn man jetzt allerdings nicht allzu viel Zeit hat, um selbst Aufnahmen von Interessengebieten zu machen, ist das aber auch kein Problem. Auf youtube gibt es von fast allem dutzende Filme von anderen Menschen, die dieses Hobby betreiben. Die Hauptsache ist, dass der Autist sich mit seinen Spezialinteressen beschäftigen kann und nicht ständig daran denken muss, was gerade alles nicht möglich ist. Selbst wenn man dann das Glück hat, dass man nicht in der Quarantäne landet, sind die Vorbereitungen nicht für umsonst. Es wird auf jeden Fall Situationen geben, in denen solche Ideen/Videos goldwert sind.

3. Vorhersehbarkeit durch Pläne schaffen

Es kann helfen, wenn der autistische Mensch einschätzen kann, wie lange eine unbekannte Situation noch andauert. Eine Möglichkeit wäre zum Beispiel ein klassischer Abstreichkalender, an dem jeden Tag der vergangen ist, ein Tag durchgestrichen werden darf. Oder ein Streifen Papier, wo jeden Tag ein Stück abgeschnitten wird. So kann man den ständigen Fragen entgehen, wie lange sie die Situation noch ertragen müssen. Man muss sie lediglich auf den Kalender verweisen.

4. Routinen so gut wie möglich beibehalten/Struktur erschaffen

Nur weil man die Wohnung nicht verlassen darf, heißt das nicht, dass man nicht seine Routinen in einer gewissen Weise trotzdem beibehalten kann. Man kann zum Beispiel zur selben Zeit wie immer aufstehen und anschließend (falls der Autist ein Schüler ist) Schulaufgaben lösen. Man kann sich ja sogar an die Pausenzeiten halten. Bei Bedarf kann man ja sogar Pausenbrote am Abend vorher vorbereiten. Sofern man nicht krank ist, muss man die Aufgaben ja ohnehin lösen, damit man nicht zu viel Unterrichtsstoff verpasst. Also kann man sie gleich dafür nutzen, damit alles möglichst so bleibt wie es ist. Sollten die Aufgaben durch den Postweg noch nicht da sein, finden sich garantiert im Internet Übungsaufgaben. Den Schulweg kann man durch sportliche Übungen innerhalb der Wohnung ersetzen, es gibt so viele Möglichkeiten! Natürlich gibt es nicht nur Kinder im Autismus-Spektrum. Erwachsene Autisten können sich einen Quarantäne-Tagesplan erstellen, in den sie entweder Homeoffice (falls der Arbeitgeber das ermöglicht) oder die Beschäftigung mit Spezialinteresse, Nahrungsaufnahme, Haushaltsaufgaben, etc. einplanen können. Die Hauptsache ist, dass sie sich an einer Struktur entlang hangeln können. In der Regel ist dafür ein wenig Hilfe von außen erforderlich.

5. Nicht zu häufig nach eventuellen Symptomen fragen

Auch autistische Menschen können Angst vor einer Infektion haben. Gerade Autisten ohne eine Intelligenzminderung bekommen sehr wohl mit, wie ernst und zum Teil gefährlich diese Erkrankung sein kann. Im Falle einer Quarantäne, kann die Angst davor in Verbindung mit der fremden Situation zu unheimlichem Stress führen. Diesen Stress kann man meines Erachtens verringern. Erstens ist inzwischen fast allen Menschen bekannt, dass eine Infektion auch vollkommen symptomfrei verlaufen kann und zweitens handelt es sich bei der Quarantäne ja erst einmal um eine Vorsichtsmaßnahme. Auch wenn man Kontakt zu einer infizierten Person hatte, muss das noch lange nicht bedeuten, dass man sich wirklich angesteckt hat. Darum lautet meine klare Empfehlung: fragen Sie den Autisten möglichst wenig, bis gar nicht nach eventuellen Symptomen die er aufweisen könnte. Das ist nur sinnlos beunruhigend.

6. Auch Autisten mit Intelligenzminderung über die Situation aufklären

Ich sehe keinen Sinn darin, einem autistischen Menschen die Lage zu verschweigen. Natürlich muss man nicht sämtliche Details über eine Coronainfektion preisgeben, aber man kann in einfachen Worten durchaus erklären, dass der Autist oder ein Familienmitglied Kontakt zu einer kranken Person gehabt hat und nun zur Sicherheit verhindert werden soll, dass man sich angesteckt hat und damit noch andere Personen ansteckt. Dass es aber gar nicht zwangsläufig zu einer Ansteckung gekommen ist und man jetzt darum einfach mal 2 Wochen zu Hause bleiben soll. Es wäre viel schlimmer für die Person, wenn sie überhaupt nicht nachvollziehen könnte, warum alles anders läuft. Das wäre sogar richtiggehend unfair.

Ich hoffe, dass ich euch ein paar hilfreiche Tipps an die Hand geben konnte, mit denen ihr die Pandemie im Falle eines Falles gut übersteht. Ich drücke euch natürlich die Daumen, dass es nicht zu der modernen Form des Hausarrests kommt. 

Habt einen schönen Tag!
Anne

Kommentare